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Archiv-Artikel

kurzkritik: „masse mensch“ Die Masse schreit nach Krieg

Krieg verloren, Räterepublik vergeigt. Rasante ökonomische und technische Entwicklungen forcieren Entfremdung, Verstädterung... überall Moloch, Menschlichkeit fressend. Ein Schrei nach Selbstbestimmung – vorgestern, in Deutschlands 1920er Jahren.

Ein Riss geht durch Ernst Tollers Revolutionsmoral-Drama „Masse-Mensch“ – und durch die Hauptfigur Sonja. Erika Spalke gibt nicht die Thesenträgerin, sondern beeindruckend einfühlsam eine lebendige Figur: innerlich zerreißend zwischen ethischem Anspruch und politischer Notwendigkeit. Sie fordert: „Masse soll Volk in Liebe sein.“ Sie erkennt: Masse, so antlitzlos wie verführbar, ist Untertan und ist es gern. Das Gewissen schreit „Nein“ – die Masse nach Waffen und Krieg. Die Masse ist als antiker Chor mit überflüssig illustrativer Tanztheatralik gegenwärtig. Ansonsten regiert theaterhistorisch korrekte Piscator-Ästhetik: die gehetzte, stakkatohafte Expressionismus-Nervosität wird heruntergedimmt, revuehaft fragmentiert und bei aller szenischen Fantasie klar und sachlich auf (Bretter-)Gerüsten vor Filmeinblendungen ausgestellt. Jens Fischer

„Masse Mensch. Ein Stück Revolution.“ 29. März, sowie 1., 2., 4. und 5. April, 19.30 Uhr im Güterbahnhof, Tor 48