kunstvoll einkaufen : Eine Plastiktüte voller Geld
Eine zierliche Kundin betritt die Eisdiele im Einkaufszentrum Alexa. „Drei Kugeln Eis, bitte, egal welche“, sagt sie auf Englisch. Die Verkäuferin stutzt, dann wählt sie Zitrone. Die Kundin bezahlt mit einem 100-Euro-Schein und verstaut das Wechselgeld – in einer durchsichtigen Plastiktüte. Darin trägt sie, für jeden sichtbar, 700 Euro in kleinen Scheinen.
Vor der Eisdiele hat sich eine Menschentraube gebildet. Die Zuschauer verfolgen jede Bewegung der Frau. Im Abstand von einigen Metern beobachten zwei Sicherheitsmänner das Geschehen. Sie alle sind Zeugen einer Performance „Bag Lady“ der finnischen Künstlerin Pilvi Takala. Damit nimmt sie an der laufenden Kunst-Biennale teil.
Das Konzept von „Bag Lady“ ist einfach. „Ich benehme mich wie eine normale Kundin – bis auf die Tasche“, sagt Takala. Drei Stunden pilgert die 27-Jährige durchs das Einkaufszentrum am Alex. Ziellos schlendert sie herum, kauft einen Fruchtsaft, begutachtet ein Sportgeschäft. Hinter sich zieht sie einen Schwanz aus Sicherheitspersonal und Biennale-Besuchern her. Die meisten Alexa-Kunden nehmen sie gar nicht wahr. „Ich glaube, das liegt an der Atmosphäre. Die verlangsamt die Menschen hier“, sagt Regina Tetens. Die Biennale-Mitarbeiterin begleitet die Künstlerin. Das Alexa ist das zweitgrößte Einkaufszentrum Berlins. Schwarze Mosaiksäulen und goldene Vordächer, strenge geometrische Muster und teure Materialien sollen für Eleganz sorgen. „Viele der Alexa-Besucher haben gesehen, dass ich keine normale Kundin bin“, sagt Takala.
Zu Beginn des Abends war sie noch allein unterwegs. Doch schnell wurde Takala vom Centermanagement zum Gespräch gebeten. Danach folgten ihr die beiden Sicherheitsleute. „Sie sollen mich beschützen, aber vor allem sollen sie das Einkaufszentrum beschützen“, sagt Takala. Mit ihrer Performance will sie die Sicherheitskontrollen infrage stellen. „Man soll sich hier wie in einem öffentlichen Raum fühlen, aber es ist ein privater Raum. Es gibt sehr schnell eine Grenze“, so die Künstlerin.
Wie rasch, zeigt sich um kurz vor acht. Da beendet das Centermanagement die Aktion. Takala wollte eigentlich noch bis zehn Uhr einkaufen. LISA THORMÄHLEN