kritisch gesehen: Brahms sympathisch
Klar, es geht bei einer Reihe des Titels „Inside Brahms“ natürlich um den derzeit auch andernorts gewürdigten Komponisten – aber halt nicht nur. Im Programm der sieben Konzerte tauchen die naheliegenden Kollegen Beethoven und Schubert auf, aber genauso die Beatles Lennon und McCartney, Astor Piazzolla und Ray Charles. Man hätte die kleine Reihe im Rahmen des Schleswig-Holstein Musik Festivals also auch „Brahms, unter anderem“ nennen können.
Das ist aber kein Mangel! Mitreißende Programme hat Matthias Schorn, unter anderem selbst Klarinettist bei den Wiener Philharmonikern, da konzipiert. Und mit dem Schwung höchst talentierter Fanny-Mendelssohn-Förderpreisträger*innen (plus einiger mehr) wurde erkennbar bestes Personal gewonnen: Es ist ein Vergnügen, diesen Menschen beim Spielen, ja: auch zuzusehen, und das geht dabei mitunter bestens, weil man sich sehr nahe kommt. Denn mit der programmatischen Aufgeschlossenheit korrespondieren die teils ungewöhnlichen Aufführungsorte: Weil Brahms 1833 ganz in der Nähe in ärmlichen Verhältnissen zur Welt kam, bildet nun die sympathisch Selbstverwaltung atmende „Fabrique“ im Rest des Hamburger Gängeviertels das Herz des kleinen Festivals-im-Festival.
Und weil dieses kleine Quartier ja einst durch eine Besetzung vor der sonst bestens geölten Abreißen-und-lukrativer-neu-Bauen-Maschine bewahrt wurde, trug „Zirkusdirektor“ Schorn am Dienstagabend erst mal aus einem stadtentwicklungskritischen Manifest vor: „Not in our name, Marke Hamburg“, von Hamburger Kulturschaffenden iwS veröffentlicht 2009. Im Wechsel damit: ausgewählte Lieder von Hanns Eisler, etwa das „von der belebenden Wirkung des Geldes“. Sängerin Wiebke Kruse ist – für diesen Rezensenten wenigstens – einer der Stars des Abends, auch weil sie das Aufgeschlossene geradezu verkörpert: Die gebürtige Husumerin, lange Teil eine „Seefrauenduos“ namens „Franz Albers und Käpt’n Kruse“, sei, so heißt es im Programmheft, „manchmal zufrieden und noch öfter froh“ – und ausgesprochen froh entließ „Inside Brahms“ am Dienstag sein Publikum in eine laue Sommernacht. Alexander Diehl
„Inside Brahms – Ungarische Art“: Mi, 19 Uhr, Hamburg, Fabrique, Gängeviertel „Inside Brahms – Finale“: Mi, 21 Uhr, Hamburg, Emporio. Für beide nur noch wenige Restkarten.
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