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kritisch gesehen: das buch „bremens schmucke wände“Ein echter Schatz in einer Trümmerlandschaft

Nein, als gelungenes Buch kann man es nicht bezeichnen: Dem Band „Bremens schmucke Wände“ hätten ein zupackendes Redigat und ein liebevolles Lektorat gut getan. So zwingen Jens Emigholz und Roland W. Schulze die Le­se­r*in­nen ihres Opus, das Wissenswerte und Unbekannte, das sie über die vielleicht sogar weltweit einzigartige „Bunker- und Haus-Bemalungen in der Hansestadt“ mitzuteilen haben, aus einer Trümmerlandschaft von mäßig erzählten Lokaldönekes, ermüdenden Wiederholungen und Wikipedia-Wissen herauszupicken.

Und doch ist es ein wichtiges Buch: Es liefert ein Inventar der 32 zwischen den Jahren 1976 und 2009 in Bremen entstandenen Bunkerwandgemälde, ihrer Ur­he­be­r*in­nen und ihres Erhaltungszustandes. Dadurch rettet es wenigstens auf dem Papier künstlerische Schätze, die von Verwitterung bedroht und oft genug durch einen Neuanstrich hinweggerafft sind.

Zudem verdeutlicht diese Zusammenschau erstmals, um welchen Reichtum es sich da handelt. Hinzu kommt, dass Emigholz und Schulze nachvollziehbar machen, wie gerade der besondere Bestand an Hochbunkern – 171, fast 100 mehr als in Hamburg – dazu beitrug, dass in Bremen vor 50 Jahren das staatliche Kulturförderprogramm „Kunst im öffentlichen Raum“ ersonnen und dann bundesweit kopiert wurde. Das Jubiläum dieser Verwaltungstat wird vom 31. 8. bis 3. 9. mit großem Tamtam, Führungen und Vorträgen begangen.

Dieses Programm reagierte auf kriegsbedingte Leere im öffentlichen Raum und die ausufernde Ödnis fassadenloser Gebäudehüllen. Die bis zu elf Stockwerke hohen, obsolet gewordenen – aber eben nicht demontierbaren Zivilschutzanlagen zählten zu den monotonsten, nach Gestaltung und kritischer Auseinandersetzung geradezu schreienden Flächen im Stadtbild. Sie zwangen dabei quasi in die in Westdeutschland mehr verpönte als vergessene Gattung des Wandbilds. Und diese aus den Umständen entwickelte Mode wiederum steckte vielfach die privaten Immobilienbesitzer an – und wurde in anderen Städten nachgeahmt.

Hier franst das Buch dann vollends aus, zitiert, wie es den Autoren gerade so einfällt, wild drauflos Wandmalerei-Kulturen der nahen und fernen Vergangenheit, egal ob innen oder außen, tippt ein paar Beispiele anderer Kunst im öffentlichen Raum an und landet schließlich beim Architekten Rainer Mielke. Dem ist es, selbstredend ebenfalls in Bremen, als erstem gelungen, in die drei Meter starken Massivbetonwände eines Weltkriegsbunkers eine Wohnung zu bauen. Und zwar mit Fenstern. Aber die sind nie als künstlerische Fassadengestaltung gedacht gewesen. Benno Schirrmeister

Jens Emigholz, Roland W. Schulze: Bremens schmucke Wände, Bremen, Kellner-Verlag 240 S., 34,90 Euro

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