kommentar : Kein bürgermeisterreifer Auftritt
Leicht haben es die Studierenden der Universität Willi Lemke nicht gemacht: Endlich konnten sie ihr Mütchen kühlen an dem Mann, der angeblich für „Sozial- und Bildungsabbau“ in Bremen verantwortlich sein soll. Einige Studis sollten vielleicht noch einmal in sich gehen, bevor sie weiter mit lautstarken Tiraden einen Senator oder „die Wirtschaft“ an den Pranger stellen. Zum Glück goutierten längst nicht alle Anwesenden solche nutzlosen Schwarz-Weiß-Malereien. Lemke wurde von manchem Studierenden sehr wohl aufmerksam zugehört, erhielt sogar Applaus.
Aber der Senator für Bildung und Wissenschaft, der ja als einer der heißesten Kandidaten für die Nachfolge des charismatischen Volkstribunen Henning Scherf gehandelt wird, ließ seine Chance ungenutzt verstreichen: Matt und dünnhäutig präsentierte sich der 57-Jährige der Vollversammlung. Dass er sich durch manche rotzige Polemik derart aus der Ruhe bringen ließ, wirft kein gutes Licht auf das Nervenkostüm eines Mannes, der als Regierungschef das Land durch harte Verteilungskämpfe führen müsste. Wer Wahlkampf-Floskeln wie „Bildung darf keine Frage des Geldbeutels sein“ oder kryptische Polit-Prosa à la „Wir befinden uns im Bologna-Prozess“ absondert, braucht sich nicht zu wundern, wenn er von jungen Leuten ausgebuht wird. „Willi, so wirst du nie Bürgermeister“, hieß es auf einem Transparent. Die Chancen stehen derzeit wohl so schlecht nicht, dass die Studierenden Recht behalten werden. Markus Jox