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Archiv-Artikel

kommentar Die Grünen liegen bei Zuwanderung in Führung – gewonnen haben sie das Spiel noch nicht

Zuerst hieß es: „Das Spiel ist aus.“ Jetzt, nach der gestrigen Koalitionsrunde, heißt es: „Ein neues Spiel ist angepfiffen.“ Dem Kovorsitzenden der Bündnisgrünen, Reinhard Bütikofer, sind zwei griffige und noch dazu politisch wirksame Kurzformeln eingefallen, um die Verhandlungen mit der CDU/CSU über eine Kompromisslösung beim Zuwanderungsgesetz zu charakterisieren. „Das Spiel ist aus“ bedeutete den Christdemokraten, dass kein Weg dazu führen wird, dieses Gesetz mittels ständig neuer Forderungen zu einem Mammut-Polizeigesetz umzufunktionieren. Der Taktik der Opposition, die Regierung als laxen Wahrer von Sicherheitsbelangen ständig vor sich herzutreiben, wurde dadurch ein Riegel vorgeschoben. Wie auch Innenminister Schily durch diese vier klaren Worte daran erinnert wurde, dass er nicht Generalsicherheitsbewahrer, sondern Innenminister einer Koalitions-Regierung ist.

„Das Spiel ist neu angepfiffen“ hingegen will sagen, dass es beim letzten Einigungsversuch mit der CDU/CSU auf „höchster Ebene“ keine Fortsetzung der von der Opposition betriebenen Verschleppungs- und Verschärfungstaktiken geben wird. Sollte das Spitzengespräch scheitern, so wird die Koalition jene Teile des Gesetzes beschließen, die der Zustimmung des Bundesrats nicht bedürfen. Hierunter fielen der Komplex nichtstaatlicher Verfolgung als Asylgrund, eine Verbesserung der Stellung von Langzeitflüchtlingen, Erweiterungen des Umkreises künftiger Green-Card-Empfänger und schließlich Integrationsmaßnahmen, soweit sie vom Bund finanziert und durchgeführt werden. Also im Wesentlichen positive Teilaspekte innerhalb des ursprünglichen Gesetzeswerks.

Natürlich wäre es besser gewesen, den Wust der Gesetze, Verordnungen und internen Anweisungen zum Ausländerrecht durch ein vereinheitlichendes, die Zuwanderung regelndes Gesetz zu ersetzen. Aber schon der seinerzeit von der Koalition im Bundesrat eingebrachte Entwurf strotzte vor Kompromissen mit dem nationalkonservativen Deutschtum und verfehlte mit Ausnahmen die Zielsetzungen. Um dieses Gesetz ist es nicht schade, und ein besseres ist zurzeit nicht in Sicht. Umso wichtiger, jetzt wenigstens einige praktikable Schritte zu gehen.

Die Grünen haben rechtzeitig erkannt, was in Sachen Zuwanderung für sie „auf dem Spiel steht“. Gewonnen haben sie es erst, wenn sie jetzt kein neues Sicherheitspaket à la Schily zulassen.

CHRISTIAN SEMLER

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