kommentar: Topographie des Terrors
Naumann soll es richten
Die Stadt, in der der Holocaust seinen Ausgang nahm und die Täter die Vernichtung planten, hat kein Geld für die Gedenkstätten und Zentren der Dokumentation des Leids und des Terrors. Doch das ist nur die eine Seite der Verarmung. Die andere ist ein Armutszeugnis, das sich Berlin gefallen lassen muss. Verfolgt es doch eine Strategie der Abschreibung, indem es die Gedenkstätten zum betrieswirtschaftlichen Problem stilisiert.
Sicher, die Gedenkstätten sind teuer. Aber was kostet moralische Verantwortung, was ist uns diese wert? Jetzt ist das Land dabei, sich von seinem letzten großen NS-Gedenk-Projekt zu verabschieden. Mit Freuden hat Berlin den Betrieb des Jüdischen Museums an den Bund abgegeben. Nicht weniger froh wird der Regierenden Bürgermeister sein, das ungeliebte Holocaust-Mahnmal los zu sein. Und ohne Naumann, so der Bausenator, wird aus der Topographie des Terrors auch nix. Soll es der Staatsminister für Kultur jetzt also richten!
Strieder ist kein Vorwurf zu machen, kämpft er doch seit Jahren für die Topographie gegen konservative Geschichtsentsorger – und nun gegen einen kantigen Architekten, dem sein exklusiver Entwurf alles ist. Doch die Anrufung Naumanns als Deus ex Machina zur Rettung des NS-Dokumentatioszentrums bleibt am Bausenator haften als Armutszeugnis für ein Land, das ohne den Bund nicht kann und will. Sind das Holocaust-Mahnmal und das Jüdische Museum noch Projekte von bundesweiter, ja internationaler Bedeutung, so war und bleibt die Topographie ein spezifisch berlinisches Unternehmen der Gedenkkultur. Das haben einige der Protagonisten wohl vergessen: Sie schicken Strieder zum Bettelngehen.
ROLF LAUTENSCHLÄGER
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