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kommentarMerkel und Stoiber bereit zur offenen Feldschlacht

Etwas Schlimmeres hätte den Unionsparteien kaum passieren können. Nach langer Ziererei erklären sowohl Angela Merkel als auch Edmund Stoiber ihre Bereitschaft zur Kanzlerkandidatur – und damit ihre Bereitschaft zur offenen Feldschlacht. Innerhalb des eigenen Lagers kann ein solches Gefecht niemand gewinnen, was politische Profis eigentlich wissen müssten. Der damalige SPD-Vorsitzende Lafontaine hatte den Journalisten seinerzeit ja nicht grundlos ein Schnäpschen angeboten und zugleich kampflos seine Niederlage eingeräumt, als am Erfolg seines Rivalen Gerhard Schröder nicht mehr zu zweifeln war.

 Lafontaine und Schröder haben es ihren jeweiligen Anhängern ermöglicht, das Gesicht zu wahren. Das tun Angela Merkel und Edmund Stoiber nicht. Ihr Wettstreit lässt schon jetzt nur noch die Wahl zwischen Sieg und Niederlage. Diese Entwicklung läuft darauf hinaus, dass die jeweils Unterlegenen sich entspannt zurücklehnen und sich heimlich auf das Scheitern des eigenen Kandidaten freuen.

 Dabei ist mit diesem Scheitern eigentlich nicht zu rechnen. Ein Erfolg der Unionsparteien kann fast als sicher gelten: Mit rund 35 Prozent der Stimmen war das Ergebnis der letzten Bundestagswahlen so verheerend, dass es von jedem Herausforderer zu übertreffen sein müsste. Also auch von Angela Merkel, obwohl deren Umfragewerte erheblich schlechter sind als die Stoibers.

 Wenn ihr Rivale zum Kandidaten gekürt wird, dann dürfte Merkels Karriere beendet sein. Fährt die CDU-Vorsitzende hingegen ein akzeptables Ergebnis ein, bleibt sie im Rennen. Verständlich, dass sie sich für Umfragen derzeit wenig interessiert.

 Ebenso verständlich ist es, dass die meisten der CDU-Landesfürsten und der größte Teil der Bundestagsfraktion Stoiber unterstützen. Er scheint dort Sicherheit zu bieten, wo Merkel für Risiko steht – und das ist für Abgeordnete wichtig, denen am Erhalt ihres Arbeitsplatzes gelegen ist. Immerhin kann Stoiber auf Wahlerfolge verweisen, während viele Konservative der protestantischen Ost-Frau nach wie vor misstrauisch gegenüberstehen. Andererseits aber gilt der Inhaber der absoluten Mehrheit in Bayern als unfähig zum Kompromiss und als kaum geeignet, Wechselwähler zu gewinnen. Wer ruft Schäuble? BETTINA GAUS

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