kolumne: BARBARA BOLLWAHN DE PAEZ CASANOVA über Bezirksfusionen
NECKISCHES AUS „FRIEDRICHSBERG“
Wird ein Paar zwangsverheiratet, ist die Aussicht auf eine glückliche Ehe gering. So oder so ähnlich ergeht es den Bezirken Friedrichshain und Kreuzberg, die im Januar 2001 fusionieren, obwohl sie dagegen waren, „einen Kranken und einen Lahmen“ zusammenzulegen.
Geburtswehen der besonderen Art suchen in diesen Tagen die unglücklich Versprochenen heim. Anlass ist das 24. „Stadtforum von unten“, das am Dienstag zum Thema Bürgerbeteiligung stattfindet. Die Friedrichshainer Baustadträtin, Martina Albinus-Kloss (parteilos, für die PDS), beschwert sich in einem offenen Brief, dass die Veranstaltung „einseitig und ohne Dialog vorbereitet wurde“ und ihrem „Verständnis von demokratischer Teilhabe“ widerspreche. Sie klagt, dass sie erst am Dienstag von dem Termin erfahren habe, und unterstellt Kreuzberg „hellseherische Fähigkeiten in Bezug auf meinen Terminkalender“. Außerdem besteht sie darauf, dass das Diskussionsthema auf ihre Initiative zurückgehe.
Der ehemalige Kreuzberger Baustadtrat Werner Orlowsky (Bündnis 90/Grüne), Moderator der Veranstaltungsreihe, ordnet den Brief in die Kategorie „Geburtswehen“ ein. Er räumt ein, dass Albinus-Kloss über den mehrmals verschobenen Termin „vielleicht zu kurzfristig“ informiert wurde. Doch sie habe „von Anfang an gewusst, worum es thematisch geht“. Den Vorwurf der fehlenden Zusammenarbeit weist er ebenso zurück wie den, dass das Thema auf ihrem Mist gewachsen sei. „Ursprünglich ist das von mir gekommen, Albinus-Kloss sprang auf den Zug auf.“ Der 72-Jährige, der „aus Erfahrung weiß, dass der Erfolg viele Väter hat“, rät der 39-Jährigen: „Beleidigung ist fehl am Platz, Kommunalpolitiker müssen was aushalten können.“
Vielleicht ist Albinus-Kloss, die im Großbezirk gerne Baustadträtin werden möchte, auch nur dünnhäutig geworden. Sie ist in der Vergangenheit selbst von der PDS wegen dem Vorwurf, Investoreninteressen zu vertreten, stark kritisiert worden. Orlowsky versprach ihr, bei Angriffen aus dem Publikum „moderierend einzugreifen“. Derzeit ist offen, ob sie an der Diskussion teilnehmen wird. Doch wie sagt man so schön: Was sich neckt, das liebt sich.
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