kellers randspur: Sonntag
Familiennachmittag
„Soul Food“
Nach Art einer modernen Stammesfürstin regiert „Big Mama“ (Irma P. Hall) über ihre weitläufige Sippe. Zum Feiertagsmahl kommt die Familie in ihrem Haus zusammen, Töchter und Enkel, aber auch entferntere Verwandtschaft und ein paar Nachbarn werden mit beköstigt. Es gibt viel zu erzählen und allerlei zu bereinigen, Ehen kriseln, Lebensläufe werden umgestülpt, Karrierebrüche mit Herabwürdigungen quittiert. Der schwarze Autor und Regisseur George Tillman jr. wählte die eigene Familie zum Vorbild, weshalb die Tragikomödie zumeist ohne die in derlei Fällen gern herangezogenen Klischees auskommt. (12.00 Uhr, RTL)
Geisterbeschwörung
„Casper – Wie alles begann“
Wie schnell doch die Kinder erwachsen werden – in „Casper“ (Sa., 20.15 Uhr, RTL) hatte Christina Ricci noch kindlich-verspielten Umgang mit dem titelgebenden Kleingeist, in der aktuellen Staffel von „Ally McBeal“ suhlt sie sich lasziv mit Peter MacNicol im Bade … Vielleicht war sie auch für eine Fortsetzung von „Casper“ schon zu fraulich, jedenfalls entschied die Herstellerfirma auf ein Prequel der Erfolgskomödie. Darin kommt ans Licht, wie Casper auf dem Weg zur Grusel-Universität in einer alten Villa hängenbleibt und sich einer Bürgerinitiative anschließt, die fortan geistreich gegen ein geplantes Einkaufszentrum vorgeht.(20.15 Uhr, RTL)
Osterweiterung
„Siddhartha“
Indermund tut Wahrheit kund, Buddhismus macht die Seele rund, zur Feier lädt der Hesse-Bund. Begehen doch die Jünger der west-östlichen Diva dieser Tage den 125. Geburtstags ihres Popidols, und auch der 40. Todestag steht bald schon vor der Tür. Gerade recht kommt also diese Ausgrabung, der zweite und wohl auch letzte Spielfilm des Produzenten, Autors und Regisseurs Conrad Rooks, der 1971 mit Kameramann Sven Nykvist und indischen Darstellern Siddharthas ausschweifende Suche nach Erleuchtung bebilderte.
Einer Mitteilung der NZZ zufolge soll Rooks nach den Dreharbeiten nicht mehr heimgekehrt sein. Sein Film gewann derweil 1972 beim Festival von Venedig einen Silbernen Löwen, ward aber hernach kaum noch gesehen, bis Mitte der 90er die prominenten Buddha-Fahrten eines Martin Scorsese, Richard Gere und ihresgleichen auf neues Publikumsinteresse hoffen ließen. (23.00 Uhr, Bayern)
Politclownerien
„Ich liebe Dick“
Was sich die Amerikaner immer so ausdenken … Denn käme es uns nicht eigenartig an, erzählte ein Filmemacher die Geschichte zweier 15-Jähriger, die bei einem Schulausflug ins Kanzleramt zufällig Helmut Kohl bei der Schwarzarbeit an inoffiziellen Kassen ertappen? So ähnlich aber hier, mit Kirsten Dunst und Michelle Williams als aufgewecktem Schülerinnenduo und Dan Hedaya als Richard Nixon, der die Gören zunächst mit seinem schiefen Charme für sich einzunehmen versteht, ehe ihnen und im Weiteren der gesamten Nation politische Aufklärung zuteil wird. Sehr seltsam, sehr viel Seventies und womöglich unter Drogeneinfluss ausgeheckt, denn auch die Hanfpflanze erfährt im Laufe der Handlung angemessene Würdigung. (23.45 Uhr, ARD)
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