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Archiv-Artikel

kein kommentar! Geburtstage sind Chefsache

Es ist schon eine tolle Idee, zum Zeitungsgeburtstag die Leitung derselben in die Hände ganz anderer Menschen zu legen. Hatten wir, ehrlich gesagt, zwar schon mal vorher irgendwo gehört. Ist aber immer wieder schön. Zu ihrem fünften Geburtstag übergab sich die Financial Times Deutschland also – nein, natürlich nicht an Lieblingsfeinde, Kleinaktionäre oder Arbeitslose. Sondern an die Chefs. Halbfreunde, gewissermaßen.

Politik-Chef Wolfgang Clement (SPD) schenkte sich nichts und musste mit ansehen, wie Seite-1-Macher Joachim Hunoldt (Air Berlin, schenkte ganzseitige Vierfarbanzeige) „Harry schlägt Heide“ titelte. Mit einem Foto, auf dem Unionsgewinnler Peter Harry Carstensen auch noch die Faust reckt. (Kleiner Trost: Es war die rechte.) Für den Bereich „Bild“ zuständig war übrigens Promi-Anwalt Matthias Prinz, was auch im übertragenden Sinne ganz prima passt.

Ansonsten hatten die Chefs, unter ihnen Hartmut Mehdorn (Bahn), Klaus Kaldemorgen (Bank) und Klaus Kleinfeld (Siemens), brav Leitartikel beigesteuert: „Man muss wirklich kein Bahn-Chef sein, um zu konstatieren, dass nicht nur Deutschland ohne nachhaltige Wende in der Verkehrspolitik seine gesetzten Ziele nicht erreichen kann“, schrieb Mehdorn – er meinte die Kioto-Umweltvorgaben – und klärte indirekt auf, dass es dann wohl bei der DB AG jede Menge ungesetzter Ziele gibt. Was auch einiges erklärt. And don’t mention the Börsengang!

Jette Joop (FTD: „entwirft Schmuck, Kleidung, Duschen, Fertighäuser), einzige Dame im Geburtstagstross, steuerte zielsicher eine Karikatur bei, deren nähere Beschreibung wir uns aus Rücksicht auf die schwere Grippe der Dame (FTD: „Die Frau hat Fieber und gehört eigentlich ins Bett“) verkneifen. Ihre Smilies (bzw. deren Gegenteil) zu den Kommentaren waren allerdings ein entscheidender Schritt Nutzwert zu viel: Man musste gar nicht mehr weiterlesen.

Zu den Zahlen nur so viel: Die FTD verkauft mit einer Gesamtauflage von 98.893 Exemplaren (davon gut 60.000 im Abo und 20.000 im Flugzeug) nur noch ein paar Blatt weniger als das Handelsblatt. Sagen wir jetzt mal einfach so. Weil schließlich Geburtstag ist. Happy Birthday, FTD! STEFFEN GRIMBERG