kein kommentar! : Alle Macht den Räten? – Von wegen!
Die Politik möchte den Gremiender ARD mehr Einflussauf’s Programm geben.Beziehungsweise sich selbst.
Deutschland hat offiziell natürlich keinen Bundesrundfunkminister. Braucht’s auch nicht, schließlich gibt es Martin Stadelmaier. Der ist als Chef der Mainzer Staatskanzlei die rechte und linke Hand von Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) in allen Medienfragen. Und hat bei den Feierlichkeiten zum 50. des ARD-Programmbeirates in Berlin Anfang der Woche einen geradezu kühnen Plan verkündet: Die ARD-Kontrollgremien sollen gestärkt werden – und auch gleich das Programm übernehmen und so die Redaktionen entmachten.
In Zukunft, zitierte dpa Stadelmaier, sollten geplante Programmangebote nach Inhalt, publizistischem Stellenwert und Finanzierung unter die Lupe genommen werden. Erst wenn alle drei Fragen positiv beantwortet werden, dürfe ein neues Programm auf Sendung gegehn.
Klingt bei den oft unglücklichen Anpassungsversuchen der bislang Programmgewaltigen an angelsächsische Vorbilder und/oder die private Konkurrenz fast hinreißend. Ist aber hirnrissig: Als ob die öffentlich-rechtlichen Gremien, die – Achtung, jetzt wird’s beleidigend – im satten Dämmerschlaf der politischen Freundeskreise herumhängen, nicht schon genug beschäftigt wären. Mit sich selbst zum Beispiel. Beziehungsweise damit, etwas wie den Bavaria-Schleichwerbungsskandal (Stichwort: „Marienhof“) so radikal aufzuklären wie seinerzeit die CDU ihre Parteispenden-Soap.
Die Gremien sind in ihrer willigen Hingabe ans parteipolitische Kalkül ohnehin ein Auslaufmodell. Wenn sich Stadelmaier oder Beck hier schon einmischen und die überfällige Debatte endlich anschieben wollten, wäre wohl eher weniger Einfluss für die heutigen Räte zu fordern.
Aber, liebe Gremien, keine Panik. Wird schon nicht passieren. Schließlich stehen in den nächsten zwei Jahren jede Menge Intendantenwechsel bei der ARD an, und ein neuer Programmdirektor muss auch her. Dass sich die Politik da lieber gleich auch noch anmaßt, über die Rundfunkräte den Redaktionen ins Handwerk zu pfuschen, passt schon weit besser ins Bild. STG