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Archiv-Artikel

kabinenpredigt Kiontke am Ball

Berlin ist pleite, das ist kein Geheimnis. Die Privatisierung des öffentlichen Raums erwischt nun auch die Sportplätze – sie werden veräußert. Für manch einen Kreisligaklub bedeutet dies, dass sie vom Bezirk eventuell ein Angebot für den Fußballplatz bekommen. So steht derzeit für die Spieler des Rauch- und Trinksportkabaretts SV Treptow 46 „Die Taktiker“ die Entscheidung an, den stadteigenen Rasen im Plänterwald zu kaufen – sinnigerweise ein 1-Euro-Job: So viel jedenfalls will der Bezirk dem Vernehmen nach dafür haben. Damit käme große Verantwortung auf die Sportler zu. Wer kümmert sich, wenn das Gras hin ist, wer repariert die Duschen und das Loch im Dach des Vereinsheims?

Aber die Ich AG-gestählten Aktiven würden nicht seit Jahren auch in der dritten Halbzeit das Feld von hinten aufrollen, hätten sie nicht auch hier das Positive im Blick. Und so werden derzeit nach dem Training die Chancen diskutiert, die ein eigenes Stadion bietet: „Ente Bolten könnte Platzwart werden – ein Job bis ans Lebensende“; „die Gegner kriegen nur kaltes Wasser zum Duschen“ usw. Auch Blumenbeete und eine Regenhütte samt Standheizung für Torhüter Glenni sind im Gespräch. Topstürmer Andree, derzeit auf Hartz-IV-Ticket im Künstlerhaus Bethanien tätig, könnte Ausstellungen organisieren. Eine Waldlounge und ein Trainingszeltlager wären Möglichkeiten, das Gebiet zu nutzen. Verteidiger Bolten: „So sieht der Sommer aus: Grillen, Fußball spielen, Grillen, Fußball.“

Stürmer Andreas, von Haus aus Elektriker, könnte neue Flutlichtmasten einrichten. Spiele werden nur noch nachts angesetzt, der Waldweg zum Platz mit Teelichtern ausgeleuchtet und aus den Boxen dringt leise House-Musik – think global, act local: Wieso sollte man als Kreisligaspieler nicht auch Stadionbesitzer sein? Fußballschuhe muss man sich in Zeiten der Globalisierung – die Jugend zeigt sich ja nicht mehr auf dem Platz – auch selbst zubinden. JÜRGEN KIONTKE