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Archiv-Artikel

kabinenpredigt Kiontke am Ball

Was lernt man im Sportverein? Im Zuge einer echt passierten oder fingierten Vergewaltigung im Umfeld einer Hertha-BSC-Jugendmannschaft wurden dieser Tage in der Berliner Presse insbesondere Forderungen nach einer Sozialschulung für Fußballspieler laut. Nach Ball stoppen, doppelte Buchführung und PR-Training nun also auch noch Kurse in sozialer Kompetenz – bald wird man junge Fußballspieler nicht mehr an andere Clubs verkloppen, sondern gleich als BVG-Personalvorstand, Spezialgebiet Gender Mainstreaming. Interessant auch der Vorschlag, die Kabinen von erwachsenen Spielern mit denen der Jugendlichen zusammenzulegen – mir klingeln noch die Ohren von einer gekachelten Kabinenpredigt zweier älterer Herren, die ich kürzlich anhören durfte: Spieler eins: „Nächste Woche komm ick nich. Meine Tochter hat Geburtstag.“ Spieler zwo: „Ach echt? Wenn’se 18 wird, kannste mir Bescheid sagen.“ Spieler eins: „Die wird 21. Und hat schon zweimal abgetrieben.“ Spieler zwo: „Wirklich? Und ich hatte mich schon auf Arschficken eingestellt. Aber dann weiß sie ja, wie’s geht!“

Da fragt man sich, ob es nicht besser ist, wenn jeder Spieler eine eigene Kabine hätte. Interessant ist schon, was Jugendliche im Fußballverein alles so lernen: Saufen, wie eine Studie jetzt bestätigt hat. Erstkontakt mit Alkohol erhalten demnach die meisten Jugendlichen im Sportverein. Insofern hat die Hasseröder Brauerei mit ihrem neuen Werbespot zwar ein Tabu gebrochen, der Bier saufende Kreisklassenakteure nach dem Spiel zeigt (echt harter Stoff: Die Mannschaft hat gerade verloren, da stellt ihnen der Trainer die Kiste Hasseröder vor die Nase!). Wo es doch in unserem Ballsport immer heißt: Keine Macht den Drogen. Aber die Wahrheit ist es schon. Nach dem Spiel wird gehörig gesoffen. In den unteren Klassen sogar davor und mittendrin.

Überhaupt Sport und Drogen – unser Mannschaftskapitän Schwadorf sagt: „Wenn Zigaretten überall verboten sein werden, werden sich Männer in gekachelten Räumen nackt zum Rauchen treffen.“ Am besten in der Halbzeitpause.

Jürgen Kiontke