kabinenpredigt : Doping schadet selbst dem Biber
Das ist wirklich Jammern auf allerhöchstem Niveau. Am Freitag greinte der Berliner Radprofi Jens Voigt: „Ich muss mich für alles rechtfertigen. Fahre ich schnell, heißt es, der ist gedopt. Fahre ich langsam, heißt es, der hat nicht gedopt.“ Man dürfe doch nicht alle Tour-de-France-Fahrer unter Generalverdacht stellen, so seine flehentliche Bitte.
Was sollen da erst die 32 Teilnehmer des am Samstag in Berlin zu Ende gegangenen Naturathlons sagen? Sie waren für eine gute Sache unterwegs. Als Botschafter des Naturschutzes legten sie in den letzten zwei Wochen 1.800 Kilometer quer durch Deutschland zurück. Zu Fuß, per Boot – und mit dem Rennrad. Doch auf den Veloflitzern mussten sie dann böse Schmähungen über sich ergehen lassen. „Doper, Doper“, riefen ihnen immer wieder gehässige Passanten hinterher.
Dabei sollten diese für die problematische Abholzung der Feuchtwälder, die Bedeutung der Laubwälder sowie den notwendigen Bestandschutz von Biber und Feuersalamander sensibilisiert werden. Aber weil nun die Naturschützer für Jan Ullrich-Jünger gehalten wurden, kam es erst gar nicht so weit. Der Dopingverdacht lastet derzeit auf allen Rennradfahrer. In diesem konkreten Fall hat das den Ökoaktivisten persönlich nicht so sehr geschadet, dafür aber vielleicht umso mehr dem Biber und dem Feuersalamander.
Jens Voigt sollte sein Schicksal also nicht so in den Vordergrund rücken. Betrachtet man es zudem noch ernsthaft und genau, so hat Voigt bislang an den Dopingpraktiken seines Gewerbes gut verdient. Mit seinem ehemaligem Mannschaftskapitän Ivan Basso fuhr Voigt ansehnliche Preisgelder ein, und Basso ist derzeit aufgrund von Medikamentenmissbrauch gesperrt.
Natürlich darf man jetzt nicht Voigt in Sippenhaft nehmen. Der Argwohn aber bleibt – spätestens seit es Radprofis gibt, die von systematischem und flächendeckendem Doping berichten. JOHANNES KOPP