kabinenpredigt : Neue Freunde
Freundschaften zwischen Menschen gibt es mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit so lange wie die Menschen selbst. Diese Bündnisse scheinen einem natürlichen Bedürfnis der Individuen zu entspringen. Fanfreundschaften hingegen mussten erst erfunden werden. Der Legende nach wurde in Deutschland die erste Freundschaft dieser Art vor knapp 30 Jahren zwischen den Nürnbergern und Schalkern geschlossen. Sie sollen bei einer Bahnhofsschlägerei gegen Bayernfans zueinander gefunden haben.
Ein wenig liebreizendes Modell von Freundschaft, dem in der Folgezeit dennoch viele Fans anderer Clubs nacheiferten. Die Hertha-Anhänger etwa teilen bereits seit längerem mit den Dortmundern ihre Abneigung gegen die Schalker. Eine Freundschaftserklärung folgte der nächsten. Heute hat kaum noch jemand den Überblick, wer alles mit wem gegen wen liiert ist.
Nur wer will sich gegen wen mit dem Retortenverein aus dem Rhein-Neckar-Kreis, dem Fußballzweitligisten TSG Hoffenheim, verbinden? Bislang keiner. Der Club, der nur aufgrund der Millionen ihres Präsidenten und Milliardärs Dietmar Hopp in den Profifußball gelangte, taugt bestenfalls als Projektionsfläche für Gegenbündnisse.
Letzte Woche allerdings wurde in den Medien das Gerücht verbreitet, die Hoffenheimer hätten auf ihrer Brautschau doch noch jemanden gefunden. Angeblich bändeln sie gerade mit den Anhängern vom Berliner FC Dynamo an. Eine bizarre Vereinigung – passen würde es trotzdem. Der BFC wurde zu DDR-Zeiten aufgrund der politischen Macht seines Förderers, dem Stasichef Erich Mielke, zum Serienmeister. In Hoffenheim versucht man nun mit der Macht des Geldes an die Spitze zu kommen. Geliebt wurde und wird deshalb keiner von beiden. Um den BFC machen auch heute noch die meisten einen großen Bogen, weil sich dort auf der Tribüne viele polizeibekannte rechtsextreme Hooligans sammeln.
„Wir sind wenige, aber geil“ steht auf der Homepage des BFC. Das entspricht auch dem Selbstverständnis der Hoffenheimer. Einer ihrer Fans schrieb trotzig im Internet: „Auch einem Verein wie der TSG wird es gelingen, Fanfreundschaften zu knüpfen.“ Zur Not eben mit dem BFC Dynamo.
Johannes Kopp