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Archiv-Artikel

investitionsprogramm Hauptsache: Krisengerede

Nur Finanzminister, Freidemokraten oder Freihändler scheinen noch zu glauben, den Aufschwung auf dem Arbeitsmarkt und die öffentliche Entschuldung durch eine Staatsverschlankung hinzubekommen. Stattdessen rufen nicht nur rheinische Bürgermeister, auch Berliner und Düsseldorfer Kabinettsmitglieder nach Investitionen. Gut nachvollziehbar: Geld auszugeben, das man nicht hat, ist als wirtschaftspolitische Krisenintervention mindestens so zielführend wie auf Staatseinnahmen zu verzichten, damit Privatiers vielleicht mehr ausgeben. Die volkswirtschaftliche Lehrbilanz? Die Pole hiesiger Wirtschaftspolitik werden der Lage nicht gerecht.

ANALYSE VON CHRISTOPH SCHURIAN

Denn die Kettenreaktion aus immer rasanter wegrationalisierten Arbeitsplätzen, einer Einnahmenflaute der Finanzämter und steigenden sozialen Folgekosten für öffentliche Hände ist ungerecht, aber keine ökonomische Krise. Im Gegenteil. Der heimischen Wirtschaft ging es selten besser.

Noch besser: Den Chefetagen für Handel und Wandel kann es fast einerlei sein, ob Regierungspolitik nun Steuergeschenke machen will und oder lieber Bauprojekte ausschreiben. Dauerhafte Arbeitsplätze werden so nicht geschaffen – weshalb auch? Und doch sind es gern gesehene Reaktionen auf eine inexistente Krise – auch das hat einen langen Bart in Deutschland:

Bereits im beginnenden Kaiserreichs wurde gestritten wie das Land in Wirtschaftsleistung und Forschung den Anschluss an die Weltspitze bekommt. Ein Diskurs, der Pate stand für enorme Staatsinvestitionen in Forschung und Entwicklung – bis heute wirksam als Max-Planck-Institute.

Auch das Kabinett Merkel beschwört nun gerne die Krisenhaftigkeit: In fünf Jahren soll das Land an die europäische Tabellenspitze. Dafür ist ihnen jedes Mittel recht. Und auch die dieser Tage um Investitionen buhlenden Bürgermeister reihen sich da prima ein.