piwik no script img

■ intershopFritz und die Helden

Als Kind habe ich jahrelang über Mirko und Slavko gelesen, zwei kleine Partisanen, die im Krieg gegen Faschisten gekämpft haben. In jeder Ausgabe meiner Zeitung haben die zwei kleinen Helden einen Fritz totgeschlagen. Ich war mir damals sicher, daß jeder Deutsche Fritz heißt und Faschist ist. Mit zehn habe ich an der Adria einen kleinen Fritz kennengelernt. Fritz war zwar ein Deutscher, aber kein Faschist, wie ich dann feststellte. – Inzwischen lernte ich viele Deutsche kennen, und keiner von ihnen hieß Fritz. Nicht jeder Deutsche heißt also Fritz, und nicht jeder Deutsche ist ein Faschist! Kinder kapieren das, die Erwachsenen aber nicht!

Vor ein paar Monaten war ich als Dolmetscher in einen Streit verwickelt: Ein Bosnier weigerte sich, 180 Mark für seinen Sohn an den Kindergarten zu zahlen. „Ich Sozialhilfe“, rechtfertigte er sich bei der Leiterin. „Sie können in Raten zahlen“, bot sie freundlich an. „Nichts Geld“, fuhr der Mann in seinem gebrochenen Deutsch fort. „Trotzdem müssen Sie das bezahlen“, sagte die Frau. Der Bosnier wollte aber nicht. „Ich arm Flüchtling ... Deutsch Faschisten, Nazis“, schimpfte er. Die Leiterin war erstaunt. Sie sei kein Nazi. Und ihr Bruder habe eine Bosnierin geheiratet. Schließlich gab sie doch auf. Der Mann feierte den Sieg – hatte er doch mit der richtigen Karte gespielt.

Aber nicht nur Bosnier, auch viele andere Nichtdeutsche wissen, mit welcher Karte sie in ähnlichen Situationen spielen müssen. Sogar auf dem MultiKulti-Flur hörte man schon Geschrei nach dem Motto: „Alle Deutsche sind Faschisten und Nazis!“– Seitdem versucht manch deutscher Kollege herauszukriegen, was er falsch gemacht haben könnte. Auch wenn er es nie herausfindet, mit dieser Trumpfkarte kriegt man die Deutschen immer klein.

Wie die Deutschen uns Nichtdeutsche kleinkriegen, ist ein anderes Spiel. Senada Marjanovic

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen