heute in hamburg: „Wir können nur Computer- spiele“
„Through the Darkest of Times“, Online-Veranstaltung der KZ-Gedenkstätte Neuengamme zur Bedeutung von Computerspielen für die Erinnerungskultur, Anmeldung unter https://www.kz-gedenkstaette-neuengamme.de/veranstaltungskalender/
Interview Tjade Brinkmann
taz: Ist Erinnerungskultur für Sie nur ein Spiel?
Jörg Friedrich: Nein. Erinnerungskultur ist für mich ein total wichtiger Beitrag zu unserem gesellschaftlichen Leben und zu unserer Definition, wer wir sind und woher wir kommen. Spiele sind dabei eine mögliche Form, in der sich Erinnerungskultur wiederfinden kann.
Welche Bedeutung hat diese Form?
Computerspiele sind ein Medium, das von immer mehr Menschen konsumiert wird. Deswegen muss die Erinnerungskultur auch in diesem Medium so abgebildet werden, wie sie in Filmen und in Büchern abgebildet wird.
Passiert das schon?
Im Moment sehe ich da noch eine sehr große Lücke. Wir werden irgendwann Generationen haben, die deutlich mehr Computerspiele als Filme und Bücher konsumieren werden. Wenn dann in diesem Medium bestimmte Themen gar nicht vorkommen, geraten diese in Vergessenheit – also genau das, was wir durch Erinnerungskultur eigentlich vermeiden wollen.
Sie haben ein Spiel über den Widerstand gegen den Nationalsozialismus mitentwickelt. Wie kam es dazu?
Mein Co-Gründer und ich machen schon seit Anfang der Nullerjahre Spiele, aber gleichzeitig sind wir auch politische Menschen. Ende 2016 war Trump gerade Präsident geworden, die AfD auf dem Weg durch die Landtage Richtung Bundestag und der Front National in Frankreich im Aufwind. Dagegen wollten wir was machen, aber außer Computerspielen können wir ja nichts.
Also?
Also haben wir uns angeschaut, welche Spiele schon mit dem Themenkomplex von Nationalsozialismus, Faschismus und Antisemitismus umgehen. Dabei haben wir festgestellt, dass sich die meisten Spiele um den Krieg und den militärischen Teil drehen.
Hatten Sie die Befürchtung, den Themenkomplex zu verharmlosen?
Wir haben uns viele Gedanken darüber gemacht, wie das Spiel gerade nicht verharmlost oder gar verherrlicht. Im Kern haben wir es deshalb als antifaschistisches Spiel konzeptioniert.
Was bedeutet das genau?
Zum einen erzählt das Spiel die Geschichte aus der Perspektive eines Menschen, der alles riskiert, um Widerstand gegen das Regime zu leisten. Der Spieler befindet sich dauerhaft in dieser Opposition und kann zum Beispiel an keiner Stelle entscheiden, in die NSDAP einzutreten. Außerdem spielt die Ästhetik auf die antifaschistische Haltung an. Der Artstil ist an Künstler:innen wie Käthe Kollwitz oder John Heartfield angelehnt, die von den Nazis verboten wurden. Als Musikstil hört die Widerstandsgruppe Jazz und später Widerstandslieder.
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