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heute in hamburg„Algorithmische Systeme sind subjektiv“

Digitale Diskussion: „Globale KI-Ethik. Grenzenlose Chancen oder Grenzerfahrung?“, 18 bis 19.30 Uhr, Anmeldung an info@w3-hamburg.de

Interview Lena Toschke

taz: Frau Fetic, wie beeinflussen Algorithmen unseren Alltag?

Lajla Fetic: Algorithmen spielen mittlerweile in vielen Bereichen unseres Lebens eine große Rolle. Besonders spannend sind Fälle, in denen sie Entscheidungsprozesse im Hinblick auf unser soziales Miteinander unterstützen. Beispielsweise, wenn es darum geht, wer einen Kredit bekommt.

Das hört sich gruselig an.

Ja, man muss aber betonen, dass diese Systeme zurzeit in Deutschland vor allem unterstützen, also keine eigenen Entscheidungen treffen. Ein fundamentales Problem ist der Glaube, dass wir durch Technologie alle Probleme lösen können. Bei der Wahl, ob ein Mensch oder eine Maschine unsere Entscheidungen trifft, tendieren einige Menschen zu der Annahme, dass die Maschine neutraler entscheidet als der Mensch. Das ist aber nicht der Fall.

Können Sie das genauer erklären?

Algorithmische Systeme fußen auf unseren Werten, sind also immer subjektiv und können bestehende Vorurteile reproduzieren. Somit besteht die Gefahr, dass bestimmte diskriminierende Muster bestätigt werden. Beispielsweise, wenn es um die Frage geht, welche Chancen Frauen auf dem Arbeitsmarkt haben.­ Als Amazon einen solchen Personal-Recruiting-­Algorithmus austestete, stellte sich heraus, dass Frauen deutlich benachteiligt wurden – eben weil die IT-Branche insgesamt sehr männlich geprägt ist und das algorithmische System auf Basis bisheriger Job-Einstellungen entschied.

Sie sagen, wir brauchen eine KI-Ethik. Warum?

Foto: SNV

Lajla Fetic, 27, forscht zu ethischen, politischen und sozialen Aspekten von Algorithmen und Künstlicher Intelligenz.

Wir müssen sicherstellen, dass bestehende Rechte, wie beim Thema Gleichstellung, umsetzbar bleiben und uns darüber hinaus die Frage stellen: Wollen wir überhaupt, dass Künstliche Intelligenz an dieser Stelle eingesetzt wird, auch wenn sie vielleicht effizienter ist? Auch brauchen wir eine bessere Debatte über Werte wie Fairness oder Transparenz, um Technologien zugänglicher zu machen.

Inwiefern?

Ich habe den Eindruck, dass die Debatte eurozentrisch geprägt ist. Außerdem haben wir ein Repräsentationsproblem, wenn Technologie vorwiegend von weißen Männern im Silicon­ Valley entwickelt wird. Ich würde mir wünschen, dass mehr Frauen und marginalisierte Gruppen zu Wort kommen, für die solche Technologien zukunftsweisend sein können.

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