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heute in hamburg„Kreativität wird uns abtrainiert“

Upcycling-Workshop für Erwachsene: 18 Uhr, Raum für Stadtnatur, Keplerstraße 15, Anmeldung per Mail an mail@raumfuerstadtnatur.de

Interview Lena Toschke

taz: Frau Wistuba, ist Kreativität trainierbar?

Bettina Wistuba: Kreativität bedeutet ja im Prinzip, Ideen zu haben, dahinter verbirgt sich eine offene Denkweise. Es geht darum, neugierig zu sein und sich von Glaubenssätzen zu verabschieden, neue Lösungsansätze zu finden. Das ist durchaus trainierbar.

Also ist Kreativität kein Charaktermerkmal?

Es gibt so viele Menschen, die sagen: „Ich bin überhaupt nicht kreativ!“ Dabei wird uns das im Schulsystem oft einfach abtrainiert. Dazu gibt es eine interessante Untersuchung von George Land, die gezeigt hat, dass wir Menschen im Grunde kreativ sind, das Bildungssystem diese Eigenschaft aber abgeschwächt. Der Studie zufolge waren 98 Prozent der Fünfjährigen kreativ, im Gegensatz zu zwei Prozent der Erwachsenen. Aber man muss Kreativität natürlich auch aushalten können.

Was meinen Sie damit?

Na ja, die sichere Bank ist das natürlich nie. Zugleich ist man durch Kreativität zu einer flexibleren Lebensweise in der Lage, da ist natürlich auch ganz viel Achtsamkeit dabei.

Ist das nicht auch ein bisschen spirituell?

Ist man kreativ, schaut man gerne über den Tellerrand und wird eventuell auch offener für eine spirituelle Sichtweise auf manche Dinge. Ich glaube, das liegt aber in der Natur der Sache: Allein durch eine rationale Denkweise kann ich nicht kreativ sein. Ich brauche Intuition und Erfahrung, und die muss ich auch zulassen, sonst funktioniert das Ganze nicht.

Foto: privat

Bettina Wistuba

48, Kreativitäts- und Achtsamkeitstrainerin mit dem Schwerpunkt Umweltbildung.

Wieso bieten Sie Upcycling-Kurse an?

Upcycling ist nicht einfach nur das Basteln mit Verbrauchsmaterialien, sondern beinhaltet auch eine kreative Denkweise: Es geht darum, frei zu experimentieren und auch den anderen gegenüber neugierig zu sein. Das Material spielt da auch eine große Rolle, natürlich auch, um ein Bewusstsein für die Umwelt zu entwickeln.

Kann man damit viel bewirken?

Nicht direkt, aber indirekt. Wenn ich ein anderes Bewusstsein für die Dinge entwickle, die mich umgeben, werde ich vielleicht auch meine Lebensweise ändern. Ich mache bei meinen Workshops zum Beispiel auf den Materialverbrauch aufmerksam: Wenn ich jetzt eine Dose mit Acryl anmale, muss die später in den Sondermüll und kann nicht mehr recycelt werden. Und unsere Hoffnung ist, dass wir den Samen dafür säen, dass die Menschen ihre Erkenntnisse auch in größeren Kreisen teilen.

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