heute in hamburg: „Die Innenstadt ist das Gesicht der Stadt“
Interview Julika Kott
taz: Herr Engelbrecht, ist die Innenstadt tot?
Frank Engelbrecht: Sie ist nicht tot. In der Innenstadt gibt es noch eine Menge Lebendigkeit, aber das ist nicht ausreichend. Historisch gesehen hat die Umgestaltung zur autogerechten Stadt nach dem Zweiten Weltkrieg im großen Maß dazu beitragen, dass die Innenstadt heute monofunktional ausgerichtet ist. Heute: Büros und große Geschäfte; früher: ein buntes Gemisch. Außerdem sind Innenstädte Begegnungsorte, wo Menschen sich gerne aufhalten – in der Richtung hat unsere Innenstadt etliche Defizite.
Aber sie ist doch immer überfüllt.
Tagsüber ist sie gefüllt durch den Gewerbebetrieb einerseits und andererseits durch Touristen. Allerdings wohnen hier kaum mehr Menschen. Spätestens mit Ladenschluss leert sie sich rapide und schnell.
Warum ist das ein Problem?
Die Innenstadt ist ja eigentlich das Gesicht der Stadt – und das soll nicht so tot und leer und einseitig sein. Dass die Innenstadt nachts leer ist, hat auch Auswirkungen auf die Sicherheit dort. In einem Viertel, dass an unterschiedlichen Tageszeiten von unterschiedlichen Leuten gefüllt ist, passen die Menschen aufeinander auf. Da braucht die Polizeipräsenz nicht erhöht, müssen keine Kameras installiert werden. Auf einer wirtschaftlichen Ebene findet in der Innenstadt eine Krise des Einzelhandels statt. Der verschwindet und mit ihm diese intimen Begegnungsorte.
Das Parkhaus „Katharinenkirche“ soll abgerissen werden, dort sollen Wohnungen entstehen: Das ist das Thema des Workshops. Warum ist Ihnen dieses Objekt so wichtig?
Workshop und Stadtexpedition: „Altstadt neu denken!“, 17 Uhr, Hauptkirche St. Katharinen, Eintritt frei. Anmeldung auf www.patriotische-gesellschaft.de
Das Katharinen-Quartier hat viele Umbrüche erlebt. Jetzt, mit dem Ausbau der Hafecity, kehrt das ehemalige Gemeinwesen zurück. Es gibt hier erneut ein Gemisch von Wohnen, Leben und Arbeiten. Die Katharinen-Kirche ist im Zentrum des Viertels und kann mit Initiativen wie „Altstadt für alle!“ zeigen, dass solche Veränderungen zu sozialer Vielfalt führen können.
Was will Ihre Initiative erreichen?
Sie setzt sich für eine lebendigere Stadt ein und versucht zu bewirken, dass die Innenstadt nach menschlichem Maß weiterentwickelt wird. Dafür schaffen wir Impulse für die Nachbarschaft und aus der Nachbarschaft: Alle Hamburger und Hamburgerinnen können sich beteiligen und den städtischen Raum mitgestalten. Potenziale für den öffentlichen Raum und die Menschen werden einfach nicht genug ausgelotet.
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