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heute in hamburg„Identität kann ein Kampf­begriff sein“

Vortrag: „Kritik der Identitätspolitik? Von Sackgassen und Strohmännern“, 19 Uhr, Café Knallhart, Von-Melle-Park 9

Interview Jana Eggemann

taz: Frau Pühl, darf sich ein Mann für Feminismus einsetzen?

Katharina Pühl: Selbstverständlich. Streik ist auf solidarische Unterstützung angewiesen. Beim Frauen*streik am 8. März in Berlin etwa waren unter den rund 20.000 Menschen auch viele Männer dabei. Grundsätzlich ist es aber im Sinne der Identitätspolitik trotzdem wichtig, dass sich zum Beispiel Frauen*streiks auch über sich als Frauen bezeichnende Menschen organisieren, weil sie so ihre Anliegen politisch artikulieren können.

Sie sprechen von Identitätspolitik, wie definieren Sie diesen Begriff?

Der Begriff ist sehr weit. Identitätspolitik umfasst für mich soziale Bewegungen, die zeigen, wo Not entsteht oder wo Menschen nicht mitsprechen können. Das kann sich in verschiedenen Themenfeldern ausdrücken wie Inklusion, Emanzipation oder Demokratisierung.

Wird der Begriff heute anders genutzt als in den 1968ern, als er entstanden ist?

Die 68er waren eine historische Umbruchphase. Wir stehen heute vor einer ganz anderen Landschaft mit vielen Akteuren, die Identitätspolitik ganz unterschiedlich auslegen. Damals gab es zwar auch konservative Gegenbewegungen, aber mittlerweile sind politisch rechts gesinnte Akteur*innen ein diskursives Kampffeld, in dem Identitätspolitiken gegen Gendermainstreaming, Queerness und gegen Menschen mit Fluchthintergrund ausgespielt werden. Identität ist für diese rechte Argumentation an völkisches Gedankengut geknüpft.

Wieso lässt sich mit dem Begriff Identität eigentlich so gut Politik machen?

Katharina Pühl, 53, die Sozialwissenschaftlerin arbeitet als feministische Gesellschaftsanalytikerin an der Rosa-Luxemburg-Stiftung.

Weil Identität ein Kampfbegriff sein kann. Der ist aber schwer zu definieren. Grundsätzlich ist der Begriff ein heißes Eisen – auch in der linken Szene, wo er den Gegensatz zur Klassenpolitik bilden kann. Identität ist aber eine Verflechtung verschiedener Zugehörigkeiten. Es nützt deshalb auch nichts, eine einzige Identität beschreiben zu wollen, weil sie Teil eines komplexen gesellschaftlichen Gefüges ist. Dieses Machtgefüge sorgt dafür, dass manche Identitäten in der Gesellschaft zugelassen werden und andere nicht.

Ich darf mich also auch einbringen, wenn ich nicht unmittelbar betroffen bin?

Ja, wenn ich mich einem Zweck politisch und persönlich verschreibe, ist es völlig legitim, meine Solidarität auszudrücken. Auch, wenn ich vielleicht nicht auf die gleiche Weise betroffen bin. Am Ende geht es ja um Wunsch zur Veränderung bestehender Verhältnisse.

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