heute in hamburg: „Es soll eine Wiedergutmachung sein“
Interview Friederike Gräff
taz: Soll Ihre Sammlung Memoria mit Bildern deutscher Exil-KünstlerInnen nachträglich so etwas wie Gerechtigkeit herstellen, Herr Schumann?
Thomas Schumann: Ja, es soll eine kulturelle Wiedergutmachung sein, um nicht nachträglich dem Ansinnen der Nazis, diese Kultur und ihre Schöpfer auszulöschen, Recht zu geben.
Das Thema hat Sie schon als Jugendlicher beschäftigt – das ist eher ungewöhnlich.
Da hatte ich ein Schlüsselerlebnis: Ich interessierte mich für Literatur und war als 15-Jähriger mit meinen Eltern in der Schweiz in Kilchberg. Da klingelte ich einfach an der Tür des Hauses von Katia Mann und fragte, ob ich ein Autogramm von ihr bekommen könnte. Und dann bekam ich tatsächlich eine Buddenbrooks-Ausgabe mit Widmung von ihr. Daraus ergab sich ein Briefwechsel und ein Besuch und da kam auch das Thema Exil zur Sprache.
Erwachte damals allgemein das Interesse am Thema?
Ich habe ganz viele Exil-Autoren zu einem Zeitpunkt besucht, wo sich niemand um sie kümmerte, etwa eine Irmgard Keun, einen Walter Mehring. Mitunter war ich der erste Mensch aus Deutschland, der wieder Kontakt zu ihnen aufnahm.
War die Reaktion auf Sie als Deutschen positiv?
In den allermeisten Fällen. Zunächst kam mir da mein jugendliches Alter zugute. Viele wollten von mir als Vertreter der jungen Generation etwas über die Verhältnisse in Deutschland wissen. Ich habe dann eine Riesensammlung von Büchern von Autoren zusammengetragen, die wegen der Nazis ins Exil gegangen waren und dazu einen kleinen Verlag gegründet.
Gespräch und Bildpräsentation mit Thomas Schumann und Regula Venske: Deutsche Künstler im Exil 1933 – 1945, Galerie im Georgshof, Georgsplatz 10. Eintritt frei. Anmeldung erforderlich unter Tel. 040 / 334 02 16
Wie kam der Schritt zu den Bildern von ExilkünstlerInnen?
Vor 15 Jahren habe ich angefangen, auch bildende Kunst zu sammeln – leider habe ich kaum mehr einen der Künstler kennengelernt, weil sie inzwischen fast alle verstorben sind.
Einige wenige wurden trotz des Exils bekannt. Ist es Zufall, wer sich trotz des biographischen Bruchs durchsetzen konnte?
Ich glaube nicht, dass die anderen aus Qualitätsgründen in Vergessenheit geraten sind. Wenn man einen Eugen Spiro nimmt: Der war bis 1933 so bekannt wie Max Liebermann. Aber nach 45 hat er nie wieder Fuß fassen können. So wie Georg Stefan Troller es einmal gesagt hat: „Einmal Emigrant, immer Emigrant.“
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