heute in hamburg: „Wer Geld hat, bekommt auch Geld“
Katja Karger, 49, ist Landesvorsitzende des DGB Hamburg.
Interview Sara Rahi
taz: Frau Karger, Hamburg zählt zu den reichsten Metropolen Europas. Warum sind hier trotzdem so viele so arm?
Katja Karger: Weil der Reichtum nicht auf alle gleichmäßig verteilt ist. Es gibt eine Ungleichverteilung in dieser Stadt.
Wodurch wird die Ungleichverteilung verursacht?
Die Leute, die sowieso schon mit einem Vermögen in dieser Stadt gestartet sind, vermehren es aufgrund der wirtschaftlichen Situation stärker als alle anderen: Wer Geld hat, der bekommt auch Geld. Wer normal arbeitet, hat überhaupt nicht die Möglichkeiten, ein solches Vermögen anzuhäufen. Das heißt, dass die Ungleichverteilung von Vermögen immer weiter fortschreitet, solange der Staat nicht eingreift und eine andere Art von Steuerpolitik macht.
In welchen Lebensbereichen macht sich Armut besonders bemerkbar?
In allen! Es gibt eine extreme soziale Ausgrenzung: Die macht sich beim Einkaufen bemerkbar, beim Wohnen, bei der Teilhabe an der Gesellschaft. Alles in dieser Stadt kostet ja Geld. Wenn man kein Geld hat, kann man nicht am normalen städtischen Leben teilhaben.
Warum sind die Mietpreise in Hamburg so hoch?
Es geht nicht mehr darum, Wohnraum zu haben und den zu vermieten. Häuser sind Spekulations- und Anlageobjekte geworden, alle Welt kauft und investiert in Immobilien. Und da wo viel Nachfrage ist, steigt der Preis.
Diskussion „Teures Hamburg!“ unter anderem mit Katja Karger, 17.30 Uhr, in „Das Geld hängt an den Bäumen“, Harkortstraße 79
Wie kann Hamburg der Verdrängung von geringer Verdienenden durch wohlhabendere Bevölkerungsgruppen in bestimmten Stadtteilen Einhalt gewähren?
Ich würde mir von der Stadt Hamburg wünschen, Genossenschaften und Wohnbauprojekte stärker zu bevorzugen bei der Verteilung von Baugenehmigungen und die klassischen Investoren weniger zum Zuge kommen zu lassen.
Genügt das –oder muss die Politik noch mehr tun, um die Schere zwischen Arm und Reich in Hamburg zu verringern?
Umverteilen. Das heiß, das Vermögen der Wohlhabenden viel mehr für die Stadtgesellschaft in Anspruch zu nehmen. Es wäre etwa möglich, über Erbschaftssteuer und Vermögenssteuer einzugreifen und so einen Ausgleich zu schaffen. Genauso wie diejenigen, die viel Geld verdienen, auch mehr für städtische Leistungen bezahlen müssten, etwa für einen Personalausweis.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen