heute in hamburg: „Schmiererei oder Verschönerung“
KP Flügel, 61, beschäftigt sich als Journalist mit kulturellen Themen und ist Mitherausgeber des Buches „Free Oz“.
Interview Naomi Bruhn
taz: KP Flügel, lebt Oz noch?
KP Flügel: Ich habe den Eindruck, dass das Andenken an ihn abnimmt. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass Straßenkunst vergänglich ist, denn sie kann übermalt oder weggemacht werden. Mit meinen Vorträgen möchte ich an sein künstlerisches Werk erinnern.
Was an Oz ist so interessant, sich intensiv mit ihm zu beschäftigen?
Oz saß insgesamt acht Jahre wegen seiner Kunst im Gefängnis. Die etablierten Kunstexperten in Hamburg haben sich damals nicht für ihn eingesetzt und die Kulturbehörde hat erst nach seinem Tod anerkannt, dass er für die Entwicklung der Graffiti-Szene in Hamburg einen wichtigen Beitrag geleistet hat. Oz hat auch in diversen Galerien ausgestellt. Seine Bilder wurden nach seinem Ableben in der Bundeskunsthalle gezeigt. Solche Würdigungen sind ihm sein Leben lang verwehrt geblieben und er wurde erst später von der Kunstszene anerkannt.
Straßenkunst, insbesondere Graffiti, galt lange als Rebellion, wogegen wurde rebelliert?
Vor allem ging es gegen die Werbebotschaften der großen Marken. Die Sprayer wollten aber auch in die Öffentlichkeit und zeigen, dass sie existieren.
Ist es immer noch eine Rebellion?
Wenn man sich anschaut, was mittlerweile aus der Graffiti-Kultur geworden ist, erkennt man, dass Medien und die Werbung sich der Kunst der Graffiti bedienen und Produkte auf diese Weise vermarkten. Was also heute noch Rebellion ist, kann morgen schon zum Establishment gehören.
KP Flügel: „Street Art Update ... Vom Leben und Sterben eines kulturellen Phänomens“, Performance, Buxtehuderstraße 13, 20 Uhr
Straßenkunst von Banksy wird von der Stadt geschützt und sogar restauriert, während andere Straßenkünstler wegen Sachbeschädigung verurteilt werden. Ist das nicht ein paradoxer Umgang?
Ja, und es ist wichtig, dass man sich über diese Widersprüchlichkeit Gedanken macht. Vor allem sollte man aber schauen, wie die Passanten die Straßenkunst wahrnehmen. Ist das Schmiererei oder Verschönerung …?
Könnte es passieren dass Oz’Straßenkunst auch irgendwann von der Stadt geschützt wird ?
Natürlich kann es das, wobei man sich nie ganz sicher sein kann, was genau von Oz gesprüht wurde und was nur eine Anlehnung an ihn ist. Denn auch jetzt, nach seinem Tod, tauchen immer wieder neue Oz-Tags auf.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen