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heute in hamburg„Verdienst liegt im Schnitt bei 1200 Euro“

Foto: Ver.di

Agnes ­Schreieder,

50, ist Gewerkschaftssekretärin bei Ver.di.

Interview Hannah Treu

taz: Frau Schreieder, darstellende KünstlerInnen arbeiten meist freiberuflich, wie geht es ihnen finanziell?

Agnes Schreieder: Die Einkommenssituation ist sehr schwierig. Viele arbeiten für sehr wenig Geld. Ein 30-jähriger Darsteller beispielsweise verdient pro Jahr durchschnittlich 11.333 Euro bis maximal 18.855 Euro.

Wie kommen die KünstlerInnen überhaupt über die Runden?

Also wir von der Gewerkschaft haben die Erfahrungen, dass sehr viele Leute wirklich nur mit Mini-Jobs durchhalten können. Die wenigsten haben Festanstellungen zum Beispiel in Sprechtheatern. Das sind Ausnahmen. Die meisten hangeln sich von einem Job zum nächsten, sind häufig arbeitslos zwischen ihren Projekten. Wenn man die durchschnittlichen Verdienste bei der Künstlersozialkasse anschaut, dann liegen diese bei vielen unter 1.000 Euro. Im Schnitt landen die Leute bei 1.200 bis 1.500 Euro. Das sind die Leute, die haupterwerbstätig als Künstler arbeiten.

Kennen Sie darstellende KünstlerInnen, die ihren Job hingeschmissen haben?

Ja, das gibt es häufiger. Wir erleben aber auch, dass viele KünstlerInnen wirklich mit viel Leidenschaft ihren Beruf ausüben und von daher auch bereit sind, lange Durststrecken in Kauf zu nehmen. Ich würde sagen, dass viele stark an ihrem Job hängen, obwohl sie so wenig verdienen. Es gibt noch die Situationen, wo dann zum eigenen Lebensunterhalt Kinder, Familie oder Krankheitsfälle hinzukommen. Problematisch kann auch zunehmendes Alter sein, wenn die KünstlerInnen mehr an die eigene Absicherung denken müssen. Und dann kann es schon sein, dass sie dann sagen: Okay ich mach jetzt hier einen Schnitt und fange beruflich neu an.

Ist die Zahl der DarstellerInnen in Hamburg in den letzten Jahren trotz der prekären Situation gestiegen?

Diskussion „Kunst ohne Brot? Wege aus der Prekarität“: 18 Uhr, Klub im Gewerkschaftshaus, Besenbinderhof 60

Tendenziell ist sie gewachsen, mehr Menschen sind als darstellende Künstler tätig, aber auch nicht übermäßig.

Wäre eine Lösung nicht zum Beispiel Sponsoring?

Die wenigsten KünstlerInnen haben Sponsoren, meistens sind es Organisationen wie unsere Gewerkschaft. Die Stadt Hamburg vergibt auch Fördergelder. Doch wie viel Geld, kommt wirklich bei den DarstellerInnen an? Dafür sollte eine Maßgabe geben, wie zum Beispiel eine Art Mindestlohn.

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