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heute in hamburg„Unter unseren Füßen könnte alles liegen“

Foto: Peet Behm

Jochen Brandt, 49, ist Bodendenkmalpfleger des Landkreises Harburg am Archäologischen Museum Hamburg.

Interview Liyang Zhao

taz: Herr Brandt, schon 2009 haben Sie eine seltene Fibel gefunden, aber erst kürzlich restauriert. Warum dauerte das so lange?

Jochen Brandt: Uns fehlten die Mittel. Wir hatten früh festgestellt, dass die reich verzierte Fibel aus Bronze, etwas Außergewöhnliches war. Wir konnten sie mit unserer Ausstattung aber nicht fachgerecht restaurieren. Deshalb wurde sie zunächst eingegipst und zwischengelagert. Erst später haben wir den Kontakt zum Römisch – Germanischen Zentralmuseum in Mainz hergestellt. Es hat eine sehr gute Werkstatt und konnte die Fibel bearbeiten.

Wie sind Sie auf das sächsische Gräberfeld aus dem Frühmittelalter in Neu Wulmstorf-Elstorf gestoßen?

Es liegt um ein Großsteingrab herum. Das hatte das Archäologische Museum Hamburg schon 1984 ausfindig gemacht. Ein altes Ölgemälde und ein Akteneintrag wiesen darauf hin. Durch Zufall ist das Team dann auf das Gräberfeld gestoßen. Damals hatte man die Fläche mangels Interesse wieder zugemacht. Seitdem war sie eine Pferdewiese. Im Rahmen eines Forschungsprojektes zu sächsischen Gräbern, begannen wir die Grabungen 2006 erneut.

Und wo lag die Fibel?

In einem Frauengrab. Sie lag auf der rechten Schulter der Frau. Wir vermuten deshalb, dass sie als herkömmlicher Mantelverschluss diente. Außer der Fibel gab es allerdings nichts Vergleichbares in den Gräbern, das auf eine adlige Herkunft hinwies. Es ist uns ein Rätsel, wie sie dort hin kam.

Was macht die Fibel zum Unikat?

Die aufwendige Verarbeitung. Sie ist teils vergoldet und mit Glaseinfassungen und seltenem Granat verziert. Die Fibel ist außerdem mit einer Länge von 7,5 Zentimetern sehr groß. Vor 1200 Jahren waren übliche Fibeln maximal vier Zentimeter lang.

Was glauben Sie verbirgt sich noch alles im Untergrund Hamburgs?

Unter unseren Füßen könnte alles liegen. Das macht unseren Job ja gerade so spannend. Allerdings ist durch die starke Bebauung der Stadt schon vieles zerstört worden.

Wie finden Sie da noch Platz für Grabungen?

Wir sind in erster Linie Denkmalpfleger. Das heißt wir graben in der Regel da, wo Straßen oder Gebäude neu gebaut werden sollen. Dann prüfen wir vorab den Boden auf mögliche Schätze, die zerstört werden könnten. Forschungsgrabungen wie die des Gräberfeldes sind eine Ausnahme.

Vortrag „Making history – oder wie man archäologische Funde zum Sprechen bringt“: 18 Uhr, Archäologisches Museum, Harburger Rathausstr. 5

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