heute in hamburg: „Schnappschuss von Atomen“
FORSCHUNG Heute startet der Freie-Elektronen-Laser XFEL. Robin Santra erklärt, was der Laser kann
taz: Herr Santra, was macht den Freie-Elektronen-Laser für Röntgenstrahlung (XFEL) besonders?
Robin Santra: Es ist eine Röntgenlichtquelle mit einer höheren Leuchtstärke als jegliche andere Röntgenquelle, die wir haben. Damit kann man ganz neue Forschung betreiben. Durch die Helligkeit, also die Leuchtkraft, und dem Erzeugen von kurzen Lichtblitzen ist es möglich, die Bewegung von Atomen in Molekülen zu erkennen, also einen Schnappschuss der Bewegung zu machen. Was den European XFEL einmalig macht, ist die Tatsache, dass er pro Sekunde über hundertmal mehr Lichtblitze liefern kann als andere Anlagen.
Wie funktioniert XFEL?
Man bringt Elektronen in einer kleinen Wolke zusammen. Die Wolke wird dann fast auf Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und über Magnete auf eine Slamlomlinie geschickt. Durch die Links-rechts-Bewegung strahlt die Wolke Röntgenlicht ab.
Was sind die Vorteile?
Viele Experimente werden erst mit genügend Röntgenlicht möglich. Wenn komplexe molekulare Strukturen betrachtet werden, zum Beispiel ein Protein, braucht man starke Lichtquellen. Ansonsten hat man nicht genügend Streusignal, um die Struktur zu bestimmen. Freie-Elektronen-Laser ermöglichen die Aufnahme von molekularen Filmen, mit denen der Ablauf von Prozessen sichtbar wird.
Wie sehen diese Filme aus?
Das Anschauen von solchen Filmen erfordert, dass man gezielt eine Reaktion initiieren kann. Im Material finden atomare Umlagerungen statt. Nach einer gewissen Zeit bringt man den XFEL auf das Material. Man kann sich das vorstellen, wie Wellen, die an Steinen im Wasser brechen. Dabei entsteht ein Beugungsmuster. Hier sind die Steine die Atome und die Wasserwellen sind die Röntgenstrahlen. Wir beobachten dann das Muster, das durch die Streuung des Röntgenlichts an den Atomen entsteht. Dadurch können wir berechnen, wo die Atome grob sind und ein dreidimensionales Bild zusammenstellen.
Was kann so erforscht werden?
Forschergruppen haben sich ein Enzym angeschaut, das von dem Krankheitserreger der Afrikanischen Schlafkrankheit kommt. Es war möglich, die Struktur mit höherer Auflösung zu bestimmen und so Andockpunkte für Medikamente zu erkennen.
Interview Philipp Steffens
Deutsches Elektronen-Synchrotron, Notkestraße 85
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