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heute in hamburg„Den Niedergang stoppen“

KonzertDer Salsa-König Oscar D’León tritt heute inder Fabrik auf, Hamburg, sagt er, lechzt nach Salsa

Foto: Knut Henkel
Oscar D’León

73, Venezuelas erfolgreichster Salsa-Musiker ist Bassist und gelernter Topograph und hat zwölf Kinder.

taz: Herr D’Leon, warum leben Sie in Miami und nicht in einer der beiden Salsa-Metropolen, Havanna oder Cali?

Oscar D’León: Ich bin Venezolaner und ausgewandert, weil ich meinen Kindern eine gute Ausbildung ermöglichen wollte. Das ist in Miami einfacher als in Caracas oder Cali. Zudem ist das Leben in Caracas von Schwierigkeiten geprägt. Aber dazu will ich nichts sagen, denn jeder Satz wird von der einen oder anderen Seite instrumentalisiert.

Dann lassen Sie uns über Salsa sprechen. Die steht in Lateinamerika im Schatten des Reggaetón. Was sagt eine waschechte Salsa-Ikone wie Sie dazu?

Es ist richtig, dass Salsa lange nicht mehr so beliebt ist wie früher. Das hat damit zu tun, dass Größen wie Celia Cruz, Hector Lavoe oder Ray Barretto nicht mehr leben und die Salsa in die Jahre gekommen ist. Die Salsa braucht eine Erneuerung, aus meiner Perspektive muss sie klarer, weniger experimentell und ohne lange Soli auskommen. Sie braucht ein Faceliftung.

Gibt es Nachwuchs?

Es gibt Nachwuchsmusiker, aber es wird dauern, bis die sich in den Vordergrund gespielt haben. So müssen wir mit weniger Nachfrage klarkommen. Früher bin ich für rund 20 Shows im Sommer nach Europa gekommen – jetzt sind es nur vier.

Neben Hamburg spielen Sie in Frankfurt, Brüssel und Barcelona. Warum ist Deutschland nach wie vor ein Salsa-Markt?

Das weiß ich nicht genau, aber in Hamburg ist sichtbar, dass hier eine Latino-Comunity danach lechzt, Musik von Zuhause zu hören. Die Erfahrung mache ich immer wieder, wenn ich in der Fabrik auf der Bühne stehe.

In Venezuela und Kolumbien haben Sie sich den Titel als „Teufel der Salsa“ ersungen. Treten Sie dort überhaupt noch auf?

Heute gibt es für einen Musiker in Venezuela kaum mehr etwas zu tun. Das ist eine bittere Realität und Folge der Wirtschaftskrise, die mein Heimatland durchmacht. Früher war ich in Venezuela Prophet meines Landes, aber heute ist das vollkommen anders.

Sie galten immer als großer Fan der kubanischen Salsa – hoffen Sie, dass Orchester von der Insel wie Havana D’Primera dem Genre neue Impulse geben können?

Kuba ist die eine Wiege der Salsa, die anderen stehen in Puerto Rico, New York und Cali. Ich bin ein Fan der großen Orchester wie Los Van Van und hoffe, dass von dort neue Impulse kommen, denn den Niedergang der Salsa müssen wir stoppen.

Interview: Knut Henkel

20 Uhr, Fabrik

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