heute in bremen : „Wasser und Seife reicht nicht“
Die Bremer Kliniken beteiligen sich an der Aktion „Saubere Hände“ im Krankenhaus
taz: Herr Kappler, warum soll sich das Krankenhauspersonal die Hände desinfizieren – reicht Waschen nicht?
Axel Kappler, Mikrobiologe und Leiter des Bremer Instituts für Allgemeine Hygiene: Nein! Mit Wasser und Seife bekommen Sie längst nicht so viele Keime entfernt wie mit Händedesinfektionsmitteln.
Aber haben wir denn so viele Keime an den Händen?
Ja, vor allem an den Händen, weil wir mit diesen eben so vieles berühren. Mindestens 90 Prozent aller Erreger werden über Hände übertragen.
Und ausgerechnet in der Klinik mangelt es an Hygiene?
Nein, ausgerechnet dort gibt es eine ganz spezielle Keimflora wegen der vielen kranken Menschen und besonders viele Möglichkeiten, Erreger von einem Patienten auf den anderen zu übertragen. Und manche Bakterien, die normal in der Nase oder auf der Haut eines Menschen leben, werden erst gefährlich, wenn sie in eine Wunde etwa nach einer Operation gelangen.
Aber haben die Mitarbeiter die Gelegenheit, sich die Hände zu desinfizieren? Das muss ja ständig geschehen.
Das stimmt, im Grunde immer, bevor man zu einem Patienten geht und danach und natürlich, wenn man mit infektiösem Material umgeht oder invasiv am Patienten arbeitet, das heißt einen Urinbeutel wechselt oder eine Spritze gibt. Aber das eine Problem ist, dass Menschen unbewusst vieles machen, von dem sie wissen, dass es nicht richtig ist und zum anderen sind sie überlastet, da fällt die Händehygiene als Erstes hinten über. Dennoch muss man immer wieder darauf hinweisen, wie wichtig das ist.
Wie sieht es außerhalb der Kliniken aus – sollten wir uns auch öfter die Hände desinfizieren?
Nein, was in Haushalten an Hygiene betrieben wird, ist zum größten Teil völliger Irrsinn. Was soll denn ein desinfizierender Fußbodenreiniger? Den Boden leckt man ja nicht ab – und falls ein Kind das tun sollte, dann nimmt es ganz normale Umweltkeime auf, die das Immunsystem stimulieren.
Und auf öffentlichen Toiletten oder Bahntoiletten?
Da ist der Ekel in der Regel größer als die Gefahr sich zu infizieren. Der Hygieniker Franz Daschner hat mal gesagt, dass Sie getrost aus jeder deutschen Toilette trinken könnten, aber keinem Arzt die Hand geben sollten.
INTERVIEW: EIB