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heute in bremen„Das ist ein Austausch auf Augenhöhe“

Rahel Strobel

53, Ergotherapeutin im Wichernhaus und Mitmoderatorin des Lesekreises zu psychischen Erkrankungen.

Interview Selma Hornbacher-Schönleber

taz: Frau Strobel, wie kann ein Lesekreis helfen, sich psychischen Erkrankungen zu nähern?

Rahel Strobel: Wir wollen einen Austausch auf Augenhöhe mit Betroffenen, Angehörigen, Behandelnden und Interessierten. Dabei kommt viel Biografisches hoch, und es kann sehr bereichernd sein, sich über unterschiedliche Lesarten auszutauschen. Initiiert hat das eine Besucherin mit Psychiatrie-Erfahrung.

Morgen lesen Sie Texte von Dorothea Buck. Wer war das?

Dorothea Buck war eine Künstlerin und eine Psychiatrie-Erfahrene. Sie war an Schizophrenie erkrankt und wurde in der Nazizeit zwangssterilisiert. Sie durfte auch nicht, wie sie eigentlich wollte, Kindergärtnerin werden und ist deshalb Bildhauerin geworden. So hat sie einen Zugang zu ihrer Krankheit gefunden. Außerdem war sie Autorin und ein Sprachrohr der Bewegung der Psychiatrie-Erfahrenen.

Welche Anliegen hat sie besonders behandelt?

Sie hat gesagt: „Wir wollen nicht behandelt werden, sondern dass man mit uns spricht.“ Dorothea Buck sprach sich gegen Zwangsbehandlung aus und dafür, Menschen ernst zu nehmen, zu hören, zu begleiten und eben nicht auszusperren. Gemeinsam mit Thomas Bock hat sie das Trialog-Psychose-Seminar in Hamburg initiiert. Bei dem tauschen sich psychisch Kranke, Angehörige und Behandelnde auf Augenhöhe aus.

Wofür setzt sich die Bewegung der Psy­chiatrie-Erfahrenen allgemein ein?

Lesekreis „Psychische Erkrankung“: 13.30–15.30 Uhr, Wichernhaus; heute, sonst jeweils am ersten Freitag im Monat, Anmeldung unter ☎0421-596 69 16

Betroffene haben sich zusammengetan, um ein Sprachrohr zu haben und gehört zu werden. Es gibt zum Beispiel den Bundesverband der Psychiatrie-Erfahrenen und viele Selbsthilfegruppen. Zentrales Anliegen ist, dass Menschen mit seelischen Erkrankungen ihren Platz in der Gesellschaft haben müssen.

Wie wird ihnen das erschwert?

Das ist sehr individuell. Ähnlich ist, dass sie oft Stigmatisierung erfahren. Viele verschweigen ihren Psychiatrie-Aufenthalt. Die Gesellschaft macht es ihnen schwer, dazu zu stehen. Auch auf dem Arbeitsmarkt haben sie schlechtere Chancen und Modelle, die das auffangen könnten, werden zu wenig gefördert. Viele fordern mehr präventive Maßnahmen wie die bessere Ausstattung des sozial-psy­chiatrischen Notdienstes. In Fällen wie dem von ­Mohamed Idrissi, der im Juni in Gröpelingen in einer Krisensituation von Polizisten erschossen wurde, käme dann geschultes Personal. Leute, die deeskalieren und eben nicht nur die Polizei.

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