heute in bremen: „Uns geht es um Wertschätzung der Vielfalt“
Interview Benno Schirrmeister
taz: Frau Kamche, wie viele Muttersprachen haben Sie?
Virginie Kamche: Das hängt auch davon ab, wie man Muttersprache definiert: Da ist einmal Bayangam, die Sprache meines Vaters, und dann Bandjoun, das war die meiner Mutter. In der Schule haben wir Französisch und Englisch gesprochen und Duala, Bassa und Baham gelernt. Und Bamiléké, aber das ist stark unterteilt, davon hat fast jedes Dorf eine Version.
In Deutschland steht Muttersprache im Singular.
Ja, und das finde ich nicht gut. Auch deswegen organisieren wir seit fünf Jahren das Fest anlässlich des UN-Welttags der Muttersprachen: Uns geht es um Wertschätzung der Vielfalt.
Wie lassen sich Sprachen feiern?
Immer anders: Beim ersten Mal hatten wir, also Afrika-Netzwerk und der Sprachenrat, Referenten aus Kamerun, die über Sprachenvielfalt dort berichtet haben, einmal haben in der Stadtbibliothek Menschen in ihren Muttersprachen Geschichten erzählt, einmal im Marcks-Haus Kunst vorgestellt. Heute sind wir im Creative-Hub, dem ehemaligen Bundeswehr-Hochhaus, wo viele Vereine sitzen, maghrebinische, indische, der somalische und der Gambia-Verein, auch die syrische Gemeinschaft, die sich alle präsentieren. Es wird Spiele geben, Lieder und Lesungen. Und einen Workshop für Kinder.
Das ist gut, denn denen wird ihre Mehrsprachigkeit noch immer häufig als Nachteil ausgelegt ...?
Internationaler Tag der Muttersprachen, veranstaltet vom Sprachenrat und dem Afrika-Netzwerk, Creative Hub, Falkenstr. 45, 16–19 Uhr
Das ist so. Oft schämen sich sogar die Eltern, ihre Muttersprache weiterzugeben. Auch in einigen afrikanischen Ländern ist es in Mode, nur die Amtssprachen zu sprechen: Viele unserer Sprachen sterben aus. Ich selbst habe gedacht, ich müsste mit meinen Kindern nur Deutsch sprechen. Aber das war komplett falsch.
Warum?
Es ist wünschenswert, die Muttersprache zu fördern als Basis für weitere erlernte Sprachen: Es ist ein Vorteil, mehrere Sprachen zu beherrschen. Den haben im Grunde alle Menschen mit globaler Identität. Sie können übersetzen, sie können sich in unterschiedlichen Kulturen bewegen. Das wollen wir sichtbar machen.
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