heute in bremen: „Angst ist wie eine Warnleuchte“
Interview Eiken Bruhn
taz: Franziska, als ich in der taz über deine Angststörung las, dachte ich, das gibt böse Mails.
Franziska Seyboldt: Ich hatte mich darauf vorbereitet, aber dann kamen nur positive Reaktionen, von Leser*innen, aber auch Kolleg*innen, die auf mich zukamen und sagten, „ich hab das auch, ich würde das aber nie erzählen“. Das waren Leute, von denen ich das nie gedacht hätte. Aber ich kannte ja auch solche Sprüche, „du wirkst immer so fröhlich und lachst so viel“. Als würden psychisch Kranke immer ungeduscht im Bett liegen.
Nicht immer, aber phasenweise?
Das schon, aber nach meiner Erfahrung sind Menschen mit Depressionen oder Angststörungen häufig Meister darin, das zu verstecken.
Warum, glaubst du, hast du so positive Reaktionen bekommen?
Lesung und Diskussion: 19.30 Uhr, Kulturzentrum Lagerhaus
Viele Betroffene haben gesagt, sie hätten sich gefreut, dass jemand mit dem Thema an die Öffentlichkeit geht und sie sich nicht mehr so alleine fühlen. Über Depressionen ist ja recht viel berichtet worden, aber über Angst weniger. Als ich vor dem Buch recherchiert habe, was es zu dem Thema gibt, habe ich festgestellt, dass es kaum jemanden gab, der oder die mit echtem Namen zitiert wurde. Das hat mich dann überzeugt, dieses Buch unter meinem Klarnamen zu schreiben.
In einer Rezension stand,es sei schade, dass du nicht verstanden hast, dass man die Angst einfach durch Verhaltenstherapie loswerden könne – was ja nicht stimmt.
Ich wurde in Interviews immer gefragt, ob ich jetzt geheilt sei. So einfach ist es nicht. Für mich ist die Angst wie eine Warnleuchte am Auto, die mir sagt, dass ich aufpassen muss. Wenn ich selbst die Kontrolle übernehme, dann kommt sie nicht. Mir geht es seit dem Outing sehr gut und ich erlebe nur kleine Anflüge, mit denen ich gut umgehen kann.
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