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heute in bremen„Parteien über europäische Listen wählen“

ArndtWonka, 43, Politikwissenschaftler und Professor am Institut für Europastudien der Universität Bremen.

Interview Eiken Bruhn

taz: Herr Wonka, was ist für Sie das wichtigste EU-Wahlergebnis?

Arndt Wonka: Die Abnahme der Stimmen für die großen Volksparteien, weil das große Auswirkungen auf die Debattenkultur im EU-Parlament haben könnte.

Inwiefern?

Die Sozialdemokraten und die Fraktion der Europäischen Volksparteien sind nicht mehr in der Lage, alleine Mehrheiten im Parlament zu bilden und brauchen einen Koalitionspartner, müssen also mit den Liberalen oder den Grünen zusammengehen. Das bedeutet, dass mehr Absprachen notwendig sein werden und die Fraktionen parlamentarischen Streit vermeiden werden, um sich einigen zu können.

Im Bund stehen eher große Koalitionen für Stillstand.

Der Vergleich ist schwierig, weil im Bundestag die parlamentarische Mehrheit die Regierung stützt und die Fraktionen in der Regel nicht ausscheren. Das gibt es im EU-Parlament so nicht, die Regierung, die EU-Kommission, ist nicht direkt abhängig vom Parlament. Deshalb werden Stimmen zwischen den Fraktionen eher entlang von Sachfragen organisiert.

Die Wahl der Spitzenkandidat*innen suggerierte, dass der oder die Kommissionspräsidentin gewählt werden könnte.

Das war noch nie so, die Verträge sehen das auch nicht vor. Jetzt brauchen die Regierungen bei der Bestimmung des Kommissionspräsidenten im Europäischen Parlament mindestens die Zustimmung einer dritten Fraktion.

War das dann eine Mogelpackung?

Ich weiß nicht, ob ich das Wort so verwenden würde, aber es ist nicht ganz falsch.

Podiumsdiskussion Expert*innen diskutieren die Ergebnisse der Europawahl. 18 Uhr, EuropaPunktBremen, Carl-Ronning-Straße 2

Warum? Braucht es nicht eine Personalisierung, um Wähler*innen anzusprechen?

Einerseits ist es sicher wichtig, ein abstraktes Programm mit konkreten Personen verbinden zu können. Aber der Kommissionspräsident hat nicht die Macht einer Regierungschefin, europaweit ein inhaltliches Partei-Programm durchzusetzen. Die EU ist ein auf Konsens gebautes System. Mehrheiten in der Kommission, im Parlament und im Rat sowie Mehrheiten zwischen diesen Institutionen müssen organisiert werden. Zwischen Politikern aus unterschiedlichen Ländern – und Parteien.

Haben Sie eine Lösung?

Der Vorschlag von Frankreichs Staatspräsidenten Emmanuel Macron sollte diskutiert werden, ob Abgeordnete über gesamteuropäische Listen und nicht über rein nationale gewählt werden. Die Aufstellung dieser gesamteuropäischen Listen würde inhaltliche Debatten über Länder hinweg ermöglichen, so dass in einer Wahl ein stärkeres europäisches Mandat zum Ausdruck käme.

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