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heute in bremen„Die bildliche Präsenz nimmt nicht notwendig ab“

Foto: Shuvo Sarkar

Stephan Siegert, 30, ist Kultur- und Literaturwissenschaftler mit Arbeitsschwerpunkt Museologie. Er ist Koordinator des „Digital Urban Impact Labs“ und Mitarbeiter beim Institut für angewandte Medienforschung.

Interview Dominik Koos

taz: Herr Siegert, das „Digital Urban Impact Lab“ möchte mit Bewohnern des Bremer Westens über das Thema Digitalisierung ins Gespräch kommen. Warum braucht es dafür eine Ausstellung zum Thema Erinnerungskultur?

Stephan Siegert: Für die Gesellschaft der vierten Nachkriegsgeneration ist die Frage wichtig, wie wir mit einer Vergangenheit umgehen, wenn es die Groß- und Urgroßeltern, die Zeitzeugen von damals, nicht mehr gibt. In den neuen medialen Möglichkeiten sehen wir eine große Chance für das Erinnern. Als ein Beispiel zeigen wir den Dokumentarfilm „#uploading_holocaust“, der nur aus Videomaterial besteht, das israelische Jugendliche auf Gedenkstättenfahrt in Polen auf Youtube hochgeladen haben. Die Diskussion über den Nutzen und die Gefahren neuer technischer Möglichkeiten wollen wir mit den Bremern und Bremerinnen führen.

Die Ausstellung zeigt Beiträge zum Erinnern an Unterdrückung und Widerstand aus unterschiedlichen europäischen Kontexten. Was haben diese historischen Erfahrungen miteinander zu tun?

Uns geht es um die Frage, wie Erinnern heute geht. Die deutsche Vergangenheit ist dafür unser Beitrag. Dafür haben wir mit 70 Fotografinnen und Fotografen aus der Region den U-Boot-Bunker Valentin dokumentiert. Uns war es jedoch wichtig, dass die Projektpartner aus Italien, Polen, Spanien, Albanien, Rumänien, Estland, Bulgarien und Griechenland ihre Perspektiven mit einbringen. Jede Gesellschaft muss eigene Lösungen der Vergangenheitsaufarbeitung finden. Diese unterschiedlichen Perspektiven wollen wir diskutieren. Auch und ganz besonders mit Menschen, die aus anderen Kontexten nach Deutschland gekommen sind.

Und dafür sollten auch digitale Möglichkeiten genutzt werden?

Was sich ändert ist, dass der zeitliche Abstand zu historischen Ereignissen größer wird, die bildliche Präsenz nimmt aber nicht notwendig ab. Ein aktuelles Beispiel ist die Diskussion um Selfies, die Besucher in der Gedenkstätte Auschwitz gemacht haben. Das gab einen großen Aufschrei. In Dachau beispielsweise hat man das Selfiemachen jedoch zugelassen und medial begleitet. Diese Möglichkeiten einer Übertragung müssen diskutiert werden. Was geht und was nicht? Auch für Erinnerungskultur gilt: Digitalisierung muss erlernt werden.

„::relation:: Erinnerungskultur im digitalen Zeitalter“: Ausstellung, Eröffnung 16 Uhr, Digital Urban Impact Lab, Liegnitzstraße 52a–54. Bis 31. 1.

Erreicht die Diskussion um Erinnerungskultur heute eine neue Breite?

Es ist gut, dass immer häufiger nicht nur die historische Epochen diskutiert werden, sondern auch die Frage, wie erinnert werden sollte. Das spezifische einer historischen Epoche darf dabei jedoch nicht aus den Augen verloren werden.

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