heute in bremen: Strategien des Streiks
Die Streik-Academie von thealit sucht angesichts des neuen Arbeitsbegriffs nach Strategien des "Besser Streikens" - und seiner kreativen Formen.
taz: Frau Sick, was machen Sie, wenn Ihre Streik-Academy bestreikt wird?
Andrea Sick: Das wird nicht passieren.
Wieso sind Sie da so sicher?
ist Professorin für Kulturtheorie an der Hochschule für Künste und seit 1992 künstlerische Leiterin des thealit - Frauenkulturlabors. Die dreitägige Streik-Academy hat sie gemeinsam mit Ulrike Bergermann und Kathrin Wilder kuratiert. Das Programm eröffnen heute, Freitag, um 10 Uhr durbahn/Bildwechsel aus Hamburg mit "Streikvideos aus dem Archiv". Veranstaltungsort ist Plantage 13
Die Personen und Gruppen, die unser Programm ausmachen, haben sich ja im Vorlauf extra beworben - und wir, die drei Kuratorinnen, haben sie ausgewählt. Ich bin sicher, dass die machen, was sie angekündigt haben.
Und zwar…?
Das sind ganz unterschiedliche Projekte - vom Vortrag über Streik-Dokumentationen bis hin zur Performance.
Normalerweise ist die Reflexion über den Streik Sache der Gewalttheorie.
Die Frage nach Gewalt steht bei uns nicht so sehr im Vordergrund. Eher fragen wir, welche Möglichkeiten es heute gibt, etwas anzuhalten, das unerträglich geworden ist. Welche Strategien des Streiks denkbar sind, ob es bessere gibt, als die üblichen - und wie viele Menschen man dafür benötigt: Immerhin gibt es ja auch individuelle Streikformen wie den Hungerstreik.
Klingt nach Vielfalt: Was ist denn die Gemeinsamkeit?
Zentral für das Konzept des Streiks ist natürlich, dass er öffentlich wird…
…womit man aber doch sofort wieder beim Thema Gewalt ist: Die französischen Streiks…
…Sie meinen, wo es bis hin zur Sabotage geht?
Ja. Die beschäftigen die Weltpresse, während die kreativen Streikformen, die Sie untersuchen, naja, freundlich zur Kenntnis genommen werden. Also wäre Gewalt doch die beste Streik-Strategie?
Das ist so eine Frage, ob in manchen Bereichen die strategischen Möglichkeiten kreativer Streiks nicht doch größer sind, als solche offensive Formen. Für uns war es ein Anliegen, auch zu sammeln: Wir wollen sehen, was stattfindet, darüber zu reflektieren, was anders werden muss, einen Pool an Möglichkeiten schaffen. Vor allem unter den neu entstandenen, oft prekären Beschäftigungsstrukturen im Bereich der Wissens- und Kulturarbeit.
Also eher selbstreferentiell?
Naja, wir fragen nach dem neuen Arbeitsbegriff. Und der berührt diese Bereiche stärker, als etwa die Industrie. Aber nicht nur: Es gibt zum Beispiel auch die Dokumentation "Emmely" über den Streik im Einzelhandel. Und das Scheißstreik-Komitee hat sich stark den Verhältnissen im ambulanten Pflegedienst angenommen.
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