heute in bremen : „Das kann die Spieler verunsichern“
In der Shakespeare Company hält der Videobeamer Einzug
taz: Frau Somaini, die Shakespeare Company hat noch nie Video benutzt. Warum jetzt?
Nora Somaini, Regisseurin: Das ist eine inhaltliche Entscheidung. Grundsätzlich kann man Shakespeare auf einer leeren Bühne spielen, das mache ich auch gerne. Aber wir zeigen das Stück ganz aus der Sicht von Antonio …
… also dem Kaufmann von Venedig …
Damit das funktioniert, müsste er sonst in jeder Szene anwesend sein. Und dann würde das sehr behäbig – und bekäme nicht die Leichtigkeit, nicht das Blitzartige, mit dem ein Gedanke durch den Kopf schießt.
Sie brechen auch mit dem Prinzip des Rollenwechsels.
Ja. Das ist bei der Shakespeare Company fast schon zur Methode geworden: Dass einer möglichst viele Rollen spielen kann. Das ist ja auch was Tolles, manchmal hat es etwas Urtümliches, Bauerntheaterhaftes. Was als Kompliment gemeint ist.
Aber?
Die Schauspielerei kann durch dieses ständige Rein-Raus etwas Mechanisches bekommen. Das würde passen, wenn man den Kaufmann gnadenlos als Komödie anlegen würde, das ginge ja auch. Aber als Blick auf die Welt von Finanzen und Wirtschaft wäre mir das zu harmlos.
Das klingt sehr nach einer Revolution in der Company-Ästhetik: Hat das nicht Reibereien gegeben?
Doch, die hat es gegeben. Und die gibt es nach wie vor. Ich denke aber, das ist eine sehr bewusste Entscheidung: Man will hier versuchen, einen neuen Weg zu gehen. Meinen Ansatz kannten ja alle Beteiligte, bevor sie mich engagiert haben.
So ein Stilwechsel wirkt sich zwangsläufig auf den Kontakt zum Publikum aus …
Aber sicher. Und das ist nicht so einfach, wenn man gewohnt ist, schnelle Reaktionen zu kriegen. Die wird es nicht geben, so wie wir den Kaufmann machen. Und das kann die Spieler schon ziemlich verunsichern. Aber da muss man durch.
Der Kaufmann von Venedig, Premiere: heute,19.30 Uhr, Bremer Shakespeare Company, Theater am Leibnizplatz