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Archiv-Artikel

heute in bremen „Ästhetik des Hässlichen“

In Bremen wird wieder klingonisch gesprochen

taz: tlhIngan Hol Dajatlh’a’? (Sprechen Sie Klingonisch?)

Christel Stolz, Sprachwissenschaftlerin: Ghobe’* (Nein). Ich kann „Guten Tag“ sagen und ein paar andere Sachen, aber spreche nicht fließend klingonisch. Es gibt auch so wahnsinnig wenig Gesprächspartner, es sei denn auf „Star Trek“-Treffen.

Aber im Verhältnis zu anderen konstruierten Sprachen ist es verhältnismäßig erfolgreich.

Gerade im Gegensatz zu Sprachen wie Esperanto. Diese Weltsprachen sind mehr oder weniger von Leuten erfunden worden, die einen Weltverbesserungsgedanken hatte. Sie sind erfunden worden, weil man dachte, dass alle Menschen Brüder würden und sich wunderbar verstünden, wenn sie nur eine gemeinsame Sprache hätten. Fiktionale Sprachen wie Elbisch oder Klingonisch dienen nur der Unterfütterung eines Kunstwerkes.

Aber Klingonisch sollte ja besonders fürchterlich klingen!

Das ist gerade das Paradoxe daran. Es ist von dem Amerikaner Mark Ocrand mit Bedacht so konstruiert worden, dass es für amerikanische Ohren extrem scheußlich klingt. Es gibt sehr viele Laute, die aus dem Arabischen entnommen sind, auch aus dem indischen Sprachbereich gibt es einige Anleihen. Einiges davon klingt für englischsprachige Ohren ein bisschen sehr fremd. Da schlägt die Ästhetik des Hässlichen voll durch, bekommt dadurch aber einen eigenen Reiz und die Leute fangen an, es sexy zu finden. Am Anfang waren die Klingonen bei „Star Trek“ ja gesichtslose Schufte. Später wurden sie immer individueller und bekamen immer mehr Eigenschaften von denkenden und rationalen Menschen. Mittlerweile sind sie gar nicht mehr so bösartig, sondern einfach kulturell anders gepolt.

Steht das Klingonische nicht auch in der Tradition von Charly Chaplins großem Diktator?

Chaplins konstruierte Sprache hört sich an wie Deutsch, aber man versteht gar nichts. Das Ganze ist total amerikanozentrisch, genau wie das Klingonische. Es ist exakt die Antithese zum amerikanischen Englisch. Chaplin hat die Laute des Deutschen, die Amerikaner am bemerkenswertesten fanden, total verstärkt. Es geht nur um den Lauteindruck. Fragen: Jan Zier

Vortrag über Klingonisch und Film „Star Trek III. Auf der Suche nach Mr. Spock“: 18.30 Uhr, Haus der Wissenschaft