herr tietz macht einen weiten einwurf : Lummenigges Innovationen
FRITZ TIETZ über neue Anstoßzeiten in der Bundesliga und umfallende Reissäcke im asiatischen Fernsehen
Innovation lautet die neueste, von Bundeskanzler Schröder ausgegebene Idiotendevise. Also kräht gleich der ganze Stall „Innovation, Innovation!“ – und unverzüglich beginnen alle gackernd danach zu scharren. Auch Deutschlands Fußballfunktionäre sind momentan arg innovativ drauf und meinen, mit dem plötzlich viel zitierten asiatischen Fernsehmarkt bereits was aus dem Dreck gekratzt zu haben, das die Kassen wieder kirchmäßig klingeln lässt. So will man jetzt, um Asiens millionenstarkes Fußballpublikum (gewissermaßen die Fernostkurve) primetimefreundlicher mit dem, wie seltsamerweise immer ausdrücklich betont wird, „Spitzenprodukt“ Fußball-Bundesliga bedienen zu können, ein, zwei Begegnungen pro Spieltag samstags um 12.30 Uhr anpfeifen lassen.
Da werden die Asiaten aber Schlitzaugen machen, so die vage Hoffnung, die sich allerdings spätestens bei so Bundesliga-Spitzenprodukten wie, sagen wir mal, Hertha gegen Frankfurt oder Rostock gegen Köln als vollends trügerisch erweisen dürfte. Kaum vorstellbar nämlich, dass die mit englischem, spanischem oder französischem Traumfußball längst fernsehverwöhnten Asiaten ausgerechnet nach der derzeit allenfalls semiattraktiven deutschen Fußballkost lechzen. Jüngste Markterhebungen bestätigen denn auch: Eher noch als vom deutschen Ballgeschiebe lassen sich die asiatischen Massen vom live übertragenen Umfallen eines Reissacks vor die Glotze locken.
Neben dem Samstagmittagtermin werden weitere innovative Anstoßzeiten anvisiert. So verlangt FC Bayern-Vorstand Karl-Heinz Rummenigge (bzw. Lummenigge, wie er sich für den asiatischen Markt umbenamsen lassen müsste), mit ein, zwei Spitzenspielansetzungen am Sonntag um 14 Uhr „mehr Kreativität in den Spielplan zu bringen“, soll heißen: mehr Fernseh- und Werbegelder einzustreichen. Rummenigge will dies bewusst zum wirtschaftlichen Nachteil der traditionell auf diesem Sendeplatz startenden Formel 1 erreichen. Was man durchaus begrüßen könnte. Denn solange sich das Geldgesindel gegenseitig bewildert, bleibt unsereins von ihren langen Fingern verschont – sollte man zumindest meinen. Leider aber wird Rummenigges Sonntags-Initiative nicht nur der Formel 1 den Auftritt vermasseln. Auch der heimische Amateurfußball dürfte unter die Räder kommen, weil ihm mit einem regelmäßigen sonntäglichen Bundesliga-Anpfiff um 14 Uhr das eh schon knappe Zuschauerkontingent noch weiter ausgedünnt wird.
Den Vorwurf der Entsolidarisierung zwischen Profis und Amateuren weiß Rummenigge in der typisch neowindigen und mittlerweile allseits gepflegten Arschlochdiktion Gerhard Schröders zu kontern: „Wir können nicht immer Rücksicht nehmen“, bläht es da aus der bisher für ihr rücksichtsvolles Gebaren weithin bekannten Chefetage des FC Bayern.
So signalisiert man da dem rot-grünen Agenda-Pack samt der es bedingungslos sekundierenden Einheitsfront aus Opposition, Lobbyisten und Leitartiklern, dass man, wie Schröder sagen würde, verstanden hat: Seinen Wohlstand wird der Profifußball jetzt auch völlig ungeniert nach dem Vorbild rot-grüner Reformpolitik mehren, zu Lasten nämlich vor allem von Mittellosen oder Bedürftigen. Oder eben Amateuren.
„Ich bin immer ein Freund des Amateurfußballs gewesen“, macht Rummenigge dazu mächtig einen auf hehren Opfermut. „Aber man muss hier auch ein bisschen Flexibilität einfordern,“ salbadert er im besten Schrödersprech, so wie das mittlerweile auch der schmalstgespurte Sozialdemokrat draufhat, wenn es gilt, die durch seine Partei begünstigte zügellose Abgreife des globalisierten Halunkentums als prima Sache zu verkaufen.
So werden wohl die Amateure auf den Dienstag- oder Mittwochvormittag ausweichen müssen oder sonst einen der wenigen Wochentermine, für die die Profi-Ligisten bisher noch keine Anstoß-Innovationen planen. An genügend Akteuren und Zuschauern dürfte es nicht mangeln. Schließlich müssen sich immer mehr Deutsche der von Schröder eingeforderten Flexibilität beugen – und ihren Arbeitsplatz räumen. So flexibilisiert kann man dann getrost auch wochen- und vormittags dem Fußball frönen.