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herr tietz macht einen weiten einwurfFRITZ TIETZ über Wintersport in Düsseldorf

Evi – ne ganz Süße

Was ist denn da am Niederrhein plötzlich los? Zum Beispiel in Düsseldorf, wo sich letztes Wochenende ja ein wahrhaft seltsames Sportspektakel zutrug. Mit dem Auftaktrennen zum diesjährigen Weltcup im Skilanglauf fand dort erstmals ein offizieller Wintersportwettbewerb statt. Bei Sonnenschein und spätsommerlichen Temperaturen sah man am Sonnabend die internationale Langlauf-Elite auf der Düsseldorfer Rheinpromenade herumstaksen. Dazu war eigens ein 750 Meter langer Loipen-Rundkurs mit 2.500 Kubikmeter Kunstschnee präpariert worden. Den hatte man zuvor in einer „Allrounder Skihalle“ im benachbarten Neuss mit Schneekanonen erzeugt und auf 100 Sattelschleppern in die nordrheinwestfälische Landeshauptstadt gekarrt. Obwohl der am Sonntag einsetzende Orkan das „Düsseldorfer Wintermärchen“ (Rheinische Post) rund um „die kürzeste Loipe an der längsten Theke“ vorzeitig beendete und auch der „krönende Abschluss“ des „absoluten Krachers“, ein Wettrennen zwischen einem Schlittenhundegespann und einem Skilangläufer, wegen des Sturms ausfallen musste, sind die Düsseldorfer schier begeistert von ihrer Stadt als Wintersportzentrum.

Seit der Europapokalendspiel-Teilnahme Fortuna Düsseldorfs – das war irgendwann im letzten Jahrhundert – habe die Stadt in sportlichem Zusammenhang nicht mehr so positiv von sich reden gemacht, schwärmte am Montag der Kommentator Martin Beils in der Rheinischen Post. Selbst der linksrheinische Konkurrent Mönchengladbach sähe jetzt ganz alt aus, ergänzte der völlig langlaufentrückte Zeitungsmann und höhnte, dass ein in Gladbach anberaumtes „Synchro-Skifahren“, bei dem lediglich „zwei Skiläufer im Gleichklang“ einen Hang hinabwedeln mussten, sich zwar auch Weltcup „geschimpft“ hätte. Im Gegensatz zur Düsseldorfer Veranstaltung handele es sich dabei aber um gar keine richtige olympische Disziplin. Auch mit einem echten Star haben die Gladbacher nie aufwarten können. In Düsseldorf hingegen sei mit Evi Sachenbacher eine echte Olympiasiegerin angetreten: „Diese zierliche Person mit den rotblonden zu Zöpfchen gebändigten Haaren, mit den grünbraunen Kulleraugen, den Sommersprossen und den langen Wimpern“, wie es reichlich ungebändigt aus Herrn Beils kullerte.

Langlauf-Weltcup in Düsseldorf? Schlittenhunderennen auf der Rheinpromenade? Kunstschneepisten in Neuss und Mönchengladbach? Scheint so, dass sich die niederrheinische Gegend ganz still und heimlich zu einem Wintersportgebiet entwickelt. Erleben wir demnächst in den Braunkohlegruben von Garzweiler oder Hambach Riesenslaloms? Heißen die Stationen der Vierschanzentournee künftig Erkelenz, Xanten, Kevelaer und Kamp-Lintfort? Bewirbt sich Düsseldorf eigentlich für die Olympischen Winterspiele?

Offiziell sind es nämlich noch die Sommerspiele, die Düsseldorf 2012 haben will. Den Prüfern des Nationalen Olympischen Komitees, die sich derzeit auf Besichtigungstour durch die fünf Bewerberstädte befinden, werden die wintersportlichen Ambitionen der Düsseldorfer allerdings nicht entgangen sein. Auch die ebenfalls am Montag erhobene Forderung des Rheinischen Postlers Martin Beils, einen für 2003 anvisierten Marathonlauf in Düsseldorf doch bitte schön sausen zu lassen und anstelle dieser sommerolympischen Königsdisziplin lieber schnell die nächste Auflage eines Skilanglaufrennens „festzuzurren“, dürften die NOK-Funktionäre nicht gerade als Olympia-Pluspunkt für Düsseldorf vermerkt haben.

Der Verdacht liegt allerdings nahe, dass das Sommerolympia-torpedierende Engagement Martin Beils maßgeblich durch seine Schwärmerei für die goldige Frau Sachenbacher motiviert ist. Und da man kann den Kollegen verstehen. Die Evi ist ja auch ne ganz Süße.

Fotohinweis:Fritz Tietz ist 43 Jahre alt, lebt als Nachfahre ostpreußischer Einwanderer in der Nordheide und treibt gelegentlich Sport.

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