hamburger szene : Farbe bekennen
Das Schöne an der WM ist, dass endlich mal Flagge gezeigt wird. Wer früher durch Hamburgs Straßen ging, konnte höchstens erahnen, woher die Leute eigentlich stammen. Hamburg, das erklärte Tor zur Welt, ist ja multikulti. Dunkle Haut, große Nase, krauses Haar – wahrscheinlich Afrika. Aber woher hanua? Senegal, Uganda?
Jetzt sind präzisere Einschätzungen möglich: „Brasil“ prangt da in großen Lettern auf dem T-Shirt der braun gebrannten Schönheit. Der kräftige Herr mit Tätowierung und Glatze da drüben? „England“, bekundet der Schriftzug auf seiner Brust. Ein dezentes „Japan“ verrät den kleinen Asiaten. Schwieriger wird es bei vorbeifahrenden Autos. Die haben ja oft gleich zwei Fahnen, und die sind dann auch noch verschieden! Saudi-Arabien und Deutschland. Ein Mischling? Eine Mischehe? Ein Saudi, der Deutschland gut findet oder ein deutscher Saudi-Fan?
Nicht immer sind die Träger der jeweiligen Nationalfarben allerdings ein Aushängeschild ihres Landes. Unvergesslich ist da das Bild des „Pissers von Rostock“. Zur Erinnerung: Kurz nach der Wende kommt es in Rostock-Lichtenhagen zu ausländerfeindlichen Ausschreitungen. Mittendrin hebt ein offensichtlich extrem betrunkener Mann im Deutschland-Trikot die Hand zum Hitler-Gruß – auf seiner Jogginghose zeichnet sich ein großer Urin-Fleck ab. Aber Moment mal – was steht eigentlich auf dem T-Shirt des Autors dieses Textes? „Atlantis“. Verdammt! THORSTEN STEER