hamburger szene : Haargel zum Schulanfang
Samstagmittag beim Friseur. Das Kind, ein Junge, hat helle, von Meer und Sonne gebleichte Haare. Weil sie so kreuz und quer wuchsen, hatte Mutter schon in den Ferien die Schere angelegt, ein netter Fassonschnitt, mit ein paar Kanten vielleicht, die sollen raus, und das Haupthaar höchstens ein Zentimeter kürzer.
„Na, was hat Sie denn geritten, das zu schneiden“, schimpft die Friseurin. „Das sieht ja aus, wie ein Pilzkopf. Damit wird er ausgelacht.“ Und zum Kind: „Find’st du auch nicht gut, nicht wahr?“ „Hm.“ Schnell verbünden sich die Fachfrau und das Kind gegen die Mutter. Das Haar wird durchgestuft und soll nach oben stehen. „Wir dürfen doch, Mutti, oder?“, versetzt die Dienstleisterin der zahlenden Kundin schnell einen Maulkorb.
Als sie fertig ist, stehen die hellblonden Haare kurz und fedrig nach oben ab. Eine Portion Gel ins Haar geschmiert, wird der Eindruck verfälscht. Der Junge, der nach der vierten Klasse in eine neue Schule wechselt, fand seine alten Klassenkameraden mit Haargel eigentlich affig. Jetzt schwenkt er um, findet sich cool. Das ist die Hauptsache, tröstet sich die Mutter. „Machst du mir auch Gel ins Haar“, bittet er sie beim Rausgehen. „Ich möchte das auch nur zum Schulanfang. Zur Feier des Tages.“
Weil Montag Schulstart für alle fünften Klassen ist, sitzen im Salon gleich mehrere Jungs, denen für den heutigen Start in den Ernst des Lebens auch eine ernste Frisur verpasst wird. Wie viel Gel dabei floss, ist nicht recherchiert. HANNE HARTWIG