hamburger szene : Kuchen mit Olaf
Die Luft im großen Festsaal des Rathauses ist leicht geschwängert von süßlichem Parfüm. Die Zuhörer, die den Saal füllen, sind in der Überzahl grauhaarig und geduldig. Die Worte des Redners ergießen sich in den hohen Raum. „Auch Ratschläge sind Schläge“, wird am Rednerpult Johannes Rau zitiert. Dann kommen die Blasmusiker in Uniform an die Reihe: „Wann wir schreiten Seit an Seit“, stimmen die Genossen mit ein. Parteimitgliedschaft macht nicht automatisch musikalisch, nicht einmal nach 60 Jahren SPD-Fraktion in der Bürgerschaft.
„1946 gingen 83 von 110 Sitzen in der Bürgerschaft an die SPD“, und „Ulrich Klose stellt den Radikalenerlass in Frage“ – der Film, der im Anschluss über eine Leinwand flimmert, schafft eine Zeitreise von 60 Jahren in nur zehn Minuten. Die nächste Rednerin hält dagegen nichts von Kürze und strapaziert das Publikum merklich. Zwei Musikern sinkt das Kinn auf die Brust. „Paul Nevermann entschied sich für seine Geliebte und gegen das Amt“, resümiert die Rednerin und zeichnet die Geschichte der SPD-Bürgerschaftsfraktion in vielen Einzelheiten nach. Helmut Schmidt oder Henning Voscherau sind nicht anwesend. „Viele sind schon im Urlaub“, erklärt ein SPD Mitglied. „Jetzt gibt es Kuchen“, so ein anderer Genosse nach abgeschlossener Rede – mit Small talk und Olaf Scholz. „Ich hatte das Privileg da zu sitzen“, kommentiert der Ex-SPD-Generalsekretär die Veranstaltung, „wo ich akustisch alles verstehen konnte.“ BJÖRN BENDIG