hamburger szene : Alles kinderleicht
Man soll sich ja nicht einmischen. Besonders nicht bei Ehepaaren, die man in der U-Bahn antrifft, ist dies doch eine der Ehekrisen-kompatibelsten Situationen überhaupt: Alle hören zu, allerlei Rüpel sitzen drumrum, und obendrein kann man nicht weg. Ich hätte es wissen müssen.
Sitz ich also neulich im Waggon nach Wedel. Ein teilnahmsloses älteres Ehepaar teilt mein Vierer-Compartiment und blickt wortlos durchs Fenster. „Man kann im Internet sehr gut Bahn-Fahrkarten kaufen“, sagt plötzlich die Frau. „Und du gehst immer umständlich an den Schalter.“ Der Mann, unwirsch: „Ich könnte das schon im Internet buchen. Ist ja alles ganz einfach, überhaupt kein Problem, geht im Handumdrehen, kann ja jedes Kind…“ Und fast hätte er sein Gesalbadere selbst geglaubt, wäre nicht noch ein „Aber am Schalter haben die viel bessere Angebote“ nachgekommen.
Dabei hätte ich es bewenden lassen können. Natürlich, manches weiß man besser im Leben. Aber muss man damit hausieren gehen? Hätt’ ich doch einfach mein Buch gelesen und das Paar sich selbst überlassen! Aber nein. Mit zuckersüßem Lächeln sage ich zur Frau: „Die Internet-Angebote der Bahn sind deutlich günstiger als die am Schalter.“
Was bewirke ich damit eigentlich für die Sache der Frau? Je nun, vielleicht dies: „Im Übrigen gehe ich einfach lieber an den Schalter“, sagt der Mann schließlich säuerlich. Obwohl, die Frau hat’s vermutlich gleich gewusst. Die kennen sich ja nicht erst seit gestern. PETRA SCHELLEN