hamburger Szene : Qualm im Wunderland
Zehn Stufen. Dann geht’s vorbei am Gruselkabinett. Die Decke ist niedrig und an der Glastür hängt schon wieder der weiße Zettel: „Spielzeugeisenbahn 3. Stock“. Noch mal die Treppe hoch. Den kleinen Raum füllt ein Labyrinth aus Seemannstauen, gespannt, um eisenbahngierige Menschen im Zaum zu halten.
Vor zwei Wochen habe ich diesen Bericht im Dritten gesehen. Da fuhr die Seaways über den Atlantik, durch die Rocky Mountains tuckerten Züge und auf dem Fischmarkt blinkten Polizeiautos. Jetzt bin selbst im Wunderland, für sieben Euro Eintritt will ich weit weg. Nach Amerika.
Der Große vor mir schiebt seinen Rücken beiseite, der oberste orange-rote Gipfel kommt zum Vorschein. Die Rockys! Warum aber so klein? Die Cowboys davor sind so „groß“ wie mein kleiner Fingernagel. Der Kameramann im Dritten war dichter dran. Da wirkten die Cowboys lebendig.
Vielleicht kommt in den Bergen etwas Fernweh auf. Dunst hängt über den Tannenspitzen. Mit dem Staubsauger mal kurz über die Alpen und den Harz fegen, das geht natürlich nicht. Da wären die Skispringer weg. Noch kurz nach Skandinavien, dann geht’s wieder nach Hamburg.
Die AOL-Arena strahlt, niemand jubelt. Auf dem Fischmarkt blinkt tatsächlich ein Polizeiwagen. Ein kleiner Junge schreit. Der Vater setzt ihn auf die Schultern. Qualm steigt auf. Jetzt muss hier auch noch einer rauchen. Dann sehe ich das brennende Haus. Um die Straßenecke düst die Feuerwehr. Es blinkt. Rot, gelb, blau. Auf der Straße und in den Augen des Vaters.
„Chrissi, guck schnell, hier brennt’s.“ Chrissi guckt: „Boah, cool!“ Julia Brodersen