hamburg heute : Neue Helden
Brauchen wir Helden? Eine vertrackte Frage, denn sie berührt nicht nur das Selbstverständnis des Einzelnen, sondern die Gesellschaft als ganze. Wenn sich Heroismus als Bereitschaft definieren lässt, ohne Rücksicht auf das eigene Selbst zu handeln, sein Leben ganz in den Dienst einer Sache, einer Idee, einer fremden Macht zu stellen, so liegen die Gefahren dieses Konzepts auf der Hand: Die heroische Disposition ist die Bedingung jeglicher Größe, aber auch der größten Niedertracht. Das ist es, was Jesus von Nazareth mit einem muslimischen Selbstmordattentäter verbindet. In der modernen westlichen Gesellschaft sieht die Sache hingegen anders aus: Lebensverlängerung und Gesundheit, also das je eigene Selbst gelten als unhinterfragt höchster Wert. Heroismus ist unter diesem Vorzeichen nur in seiner Light-Variante denkbar, als ein Heroismus ohne Heroismus, als ein Pop-Heroismus, wie ihn der Politikwissenschaftler Herfried Münkler für unsere postheroische Gesellschaft bestimmt hat. Denn es ist ja so: Ein Michael Ballack ist weit davon entfernt, sich in den Dienst einer Sache zu stellen, geschweige sich dafür zu opfern. Im Gegenteil: er stellt den Fußball in den Dienst seiner Person, erspielt sich mit dem Fußball eine Persönlichkeit, eine Karriere, macht, mittels des Fußballs, das Angenehmste aus seinem Leben. Wenn überhaupt ist Ballack ein Pop-Held. Woran man auch erkennt, dass der Popheroismus synonym ist mit dem Starwesen, das in den Medien sein Unwesen treibt. Das Körber-Forum kündigt dessen ungeachtet am heutigen Abend um 20 Uhr eine Diskussionsrunde über die „Renaissance des Helden“ an. MAP