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grüner parteitagGelebte Demokratie

Eine weise und zugleich elegante Lösung, die alle Seiten zufrieden stellt, war auf dem Parteitag der Grünen in Hannover nicht im Angebot. Dafür war die Situation allzu verfahren. Immerhin ist es den Delegierten gelungen, sich auf respektable Weise aus einer Zwickmühle zu befreien – wenn auch um einen hohen Preis. Ob das Ergebnis nun Krise oder Chance bedeutet, wird zu einem wesentlichen Teil davon abhängen, wie schnell und wie bereitwillig sich das verbliebene Führungspersonal der Partei auf die neue Lage einstellt.

Kommentarvon BETTINA GAUS

In den Reihen grüner Spitzenpolitiker ist der Grad der Frustration hoch. Sie haben in Hannover mit großem Einsatz dafür gekämpft, die bisherigen Parteivorsitzenden Claudia Roth und Fritz Kuhn bis zum Abschluss der Urabstimmung über die Trennung von Amt und Mandat auf ihren Posten zu belassen. Und sie haben sehr knapp verloren. Ärger darüber ist ebenso verständlich wie die Sorge, dass sich die öffentliche Meinung jäh gegen die bislang so erfolgreichen Grünen wenden könnte und dass die Partei ebenso ins Stimmungstief gerät wie der sozialdemokratische Koalitionspartner.

Auf den ersten Blick wirkt es absurd, wenn eine Partei im Aufwind mit ihren Entscheidungen den Abschied von Vorsitzenden herbeiführt, die nach übereinstimmendem Urteil gute Arbeit geleistet haben. Aber eben nur auf den ersten Blick. Die Politiker- und Parteienverdrossenheit hat in der Bundesrepublik ein alarmierend hohes Ausmaß erreicht. In allen Lagern nimmt die Zahl derer zu, die meinen, Politik sei ein schmutziges Geschäft.

So verzerrt und ungerecht diese Ansicht auch ist: Derlei Unterstellungen dürfen gerade jetzt unter keinen Umständen neue Nahrung erhalten. Wäre in Hannover jedoch nicht nur die Urabstimmung, sondern auch noch eine Ausnahmeregelung für die bisherigen Parteivorsitzenden beschlossen worden – der Verdacht einer Missachtung des letzten Parteitages wäre unabweisbar gewesen. So etwas kann auch jene Teile der Öffentlichkeit vergrätzen, die für Satzungsfragen wenig Leidenschaft aufzubringen vermögen.

Wenn die Führungsriege der Grünen klug ist, dann erklärt sie das Ergebnis des Parteitages zu einem Beweis für die Entscheidungsfreiheit der Delegierten, mithin für die Funktionsfähigkeit der innerparteilichen Demokratie. Unklug hingegen wäre es, die Richtigkeit der These von der Unersetzlichkeit der bisherigen Vorsitzenden dadurch zu belegen, dass man den neuen Vorstand ins Leere laufen lässt.

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