gottschalk sagt : Bußgeld stört
CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag
Bevor die Ratspolitiker den neuen Bußgeldkatalog beschließen, der Dienstag zu Teilen im Express vorgestellt wurde, sollten sie nochmal scharf nachdenken. Die Stadt will sich zum Weltjugendtag und zur WM sicher, sauber und ordentlich präsentieren. Ist es aber sinnvoll, ausgerechnet zur WM das Grölen zu verbieten? Und wer soll das durchsetzen? Mitarbeiter des Ordnungsamts? Man stelle sich vor, wie diese Leute versuchen, drei angetrunkene Freunde des britischen Fußballs, welche gerade mit heiseren Kehlen „Stand up, if you won the war“ (Melodie: Steht auf, wenn ihr Kölner seid) intoniert haben, davon zu überzeugen, dass dies 25 Euro pro Person kosten würde. Untersagt werden sollen auch „wiederkehrende Versammlungen von Personen, von denen Störungen ausgehen“. Damit können beide Sorten gemeint sein. Grölende Fussballfans oder auch junge Christen, die beseelt „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“ singen. Oder „Selig seid Ihr“. Oder „Das Friedensnetz (Wir knüpfen aufeinander zu)“. Oder „Danke“. Oder „Herr Deine Liebe (ist wie Gras und Ufer)“. Zum Beispiel.
Ordnungsamtsmitarbeiter: In der Serie „Taff spezial – die Aufpasser“ konnte man häufig sehen, was aus Leuten wird, die eigentlich in Bundfaltenjeans an ihren Schreibtischen Sachen bearbeiten sollten, wenn man sie in uniformähnliche Dienstkleidung steckt und auf die Bevölkerung loslässt. Ihrer natürlichen Umgebung entrissen, wo sich kopierte Bürowitze und Diddlmauskaffeetassen „Mahlzeit“ sagen, schwanken sie zwischen Unsicherheit und Allmachtsfantasien. Sie trauen sich in Köln nicht einmal zu Zweit in eine Schwulenkneipe, sie kommen in Fußballmannschaftsstärke. Mehrmals. Verderben den Umsatz. Obwohl alles in Ordnung ist. Von diesen Personengruppen gehen echte Störungen aus.