gottschalk sagt : Gottschi‘s Pilger-Büdchen
CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag
Entschuldigen Sie meine Pflichtvergessenheit. Natürlich hätte ich vorgestern für Sie zum Dom fahren müssen, um mir einen eigenen Eindruck zu verschaffen von den mitreißenden Szenen rund um die dort aufgestellten Ü-Wagen. Papst-Hooligans mit Weltjugendtagsfahnen, die Polonaisen vor den Kameras der Weltöffentlichkeit machen und dabei Viva-Colonia singen: Vielleicht habe ich ja was verpasst. Aber das Wetter war scheiße, oder wie wir Journalisten gern schreiben: Petrus hatte kein Einsehen. Aber ich werde, dieses Gefühl vermittelte mir zumindest Peter Kloeppel gestern, meinen Lebtag nicht vergessen, was ich gerade gemacht habe, als Ratze gewählt wurde. Diese „Das ist ja wie Mauerfall und Terrorangriff an einem Tag“-Inszenierung war schon groß, wir haben sogar mit dem Essen gewartet, bis zur Bekanntgabe. Wer mich kennt, weiß: Das tue ich nicht für jeden.
Auf jeden Fall hätte ich am Dom schon mal Erfahrungen mit der Zielgruppe machen können, der ich zum Weltjugendtag als mieser, kleiner Geschäftemacher gegenüberzutreten gedenke. Ich meine, stellen Sie sich mal vor: August. Hundstage. Sonne brennt. Der Verkehr zwischen Köln und Kerpen steht komplett. Die Vorräte an mitgebrachtem Tee und Wasser aufgebraucht. Millionen Christen dürsten. Hinter Frechen hört jede Infrastruktur auf. Keine Gastronomie. Kein Ort, in dem mildtätige Mitmenschen uns das Geschäft vermasseln könnten. Tagebau. Niemandsland. Genau dort kommt über einen Feldweg ein älterer Kombi mit einem Verkaufsanhänger auf den Stau zu: „Gottschi‘s Pilger-Büdchen“. Mit Apostroph, Dosengetränken aus Holland und Stangeneis. Das müssen Sie sich vorstellen: Und ich, in ganz Köln der Einzige mit dieser coolen Idee!